Wenn der Kanzlerkandidat die absolute Mehrheit der Stimmen der gesetzlichen Mitgliederzahl des Bundestages nicht erreicht, verliert er die Abstimmung. Aktuell sind hierfür 367 Stimmen von insgesamt 733 Bundestagsabgeordneten erforderlich. Es gibt aber die Möglichkeit, dass eine andere Fraktion doch für Scholz votiert – und er dadurch die Vertrauensfrage nicht verliert. Diese Gefahr sieht der SPD-Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer bei der AfD.

Sollte die AfD dem Kanzler ebenfalls das Vertrauen aussprechen, ergäbe das eine Mehrheit für den Kanzler – gegen dessen Willen. Schäfer fordert daher, sich als Fraktion darauf vorzubereiten, dass die AfD-Fraktion bei der geplanten Vertrauensfrage strategisch für Scholz stimmen könnte. „Wenn die Gefahr besteht, dass die AfD für den Kanzler stimmt, damit die Vertrauensfrage scheitert, werden wir handeln“, sagte Schäfer dem „Handelsblatt“. Die Fraktion werde vor der Vertrauensabstimmung ihre Marschroute festlegen. „Die Option könnte dann sein, dass sich unsere Abgeordneten enthalten“, sagte Schäfer weiter.

Hintergrund davon könnte sein, dass die AfD die Neuwahlen verzögern will, etwa um sich besser darauf vorbereiten zu können.

Dann könnte Scholz eine weitere Vertrauensfrage stellen. Allerdings muss er dabei die gesetzlich vorgeschriebene 48-Stunden-Frist einhalten, wie der Berliner Staatsrechtler Alexander Thiele dem „Handelsblatt“ erklärt. Doch der Experte warnte ebenfalls vor diesem Szenario.

„Das alles wäre allerdings politisch eine mittelschwere Katastrophe“, sagte Thiele. „Die Regierungsfraktionen sollten sich daher enthalten.“ Enthaltungen würden rechtlich wie eine Nein-Stimme gewertet werden – und daher Scholz vor der zweiten Vertrauensfrage bewahren.

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