Xi lässt die nächste Bombe platzen – Was steckt hinter den Säuberungen in China?

Erst verschwand plötzlich der chinesische Außenminister Qin Gang, dann fehlte von zwei Elite-Generälen jede Spur. Präsident Xi Jinping räumt in China aktuell auf, tauscht wichtige Köpfe aus. Was steckt hinter der Machtdemonstration?

Für China wird die Ukraine-Krise zu einer immer größeren Belastungsprobe. Als am Wochenende der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seine “Friedensformel” beim Gipfel in Saudi-Arabien vorstellen ließ, saß auch eine chinesische Delegation mit am Tisch. Nach dem Gipfel musste Peking Russland beruhigen, das nicht eingeladen war. Deswegen telefonierte der chinesische Außenminister Wang Yi am Montag mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow und sicherte ihm Chinas “unabhängige und unparteiische Haltung” gegenüber der Ukraine zu.

Das hilft weder Russland noch der Ukraine – Peking tut nicht mehr als nötig. Immer mehr manifestiert sich inzwischen der Eindruck, dass für Chinas Machthaber Xi Jinping der Krieg und die damit verbundene weltweite Krise zur Unzeit kam. Dank Wladimir Putin sieht sich die Volksrepublik mit einem Westen konfrontiert, der stark aufrüstet und sich aus seiner wirtschaftlichen Abhängigkeit von China langsam löst.

Xis Problem: Er kann aktuell nicht seinen vollen Fokus auf die geopolitischen Spannungen legen. Denn China kämpft momentan mit zahlreichen inneren Problemen. Das zeigten nicht zuletzt die Säuberungsaktionen, die Xi Jinping in der politischen Führung und im Militär durchführte. In China verschwinden immer wieder plötzlich Menschen – und das weckt Spekulationen über die Hintergründe.

Plötzlich verschwunden

Ein Symbol für die gegenwärtigen Umbrüche in China ist auch das Gespräch von Lawrow mit Wang Yi. Letzterer war zu Jahresbeginn vom Posten des Außenministers aufgestiegen und wurde in der Kommunistischen Partei zu Chinas Chefdiplomat.

Doch nun sitzt Wang Yi jedoch wieder auf seinem alten Posten als Außenminister, weil sein Vorgänger Qin Gang Mitte Juli plötzlich verschwand. Wochenlang wurde in Peking darüber gerätselt, was mit Qin Gang passiert ist, berichten die Korrespondenten zahlreicher Medien aus der chinesischen Hauptstadt.

Dann kam die Bestätigung: “Chinas oberste Legislative hat beschlossen, Wang Yi zum Außenminister zu ernennen”, schrieb die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua. “Qin Gang wurde entlassen.” Xi Jinping habe eine Präsidialverfügung zur Umsetzung des Beschlusses unterschrieben.

Der aktuelle Aufenthaltsort von Qin Gang ist unbekannt, sein Verschwinden kein Einzelfall. Ähnlich lief es am 31. Juli bei dem chinesischen General Li Yuchao und seinem Stellvertreter. Er war Chef der chinesischen Raketenstreitkräfte und befehligte alle nicht-taktischen Raketen der Volksrepublik – konventionell und nuklear.

Auch er verschwand, auch er wurde abgesetzt. Das bestätigte die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua indirekt. Zu Beginn der vergangenen Woche vermeldete sie knapp, dass Xi zwei Militärs zu Generälen befördert habe – und zwar “den Kommandeur der Raketenstreitkräfte, Wang Houbin, und deren Politkommissar, Xu Xisheng”. Dementsprechend musste Li ausgetauscht worden sein. Später wurde bekannt, dass auch sein aktueller sowie sein früherer Stellvertreter verschwunden sind.

Gute Drähte zu Xi Jinping

Einen Tag nach der offiziellen Absetzung der Generäle, am 1. August, feierte die chinesische Volksbefreiungsarmee ihren 96. Geburtstag. Der Zeitpunkt von Xis Bombe ist sicherlich kein Zufall, sondern soll ein Signal sein.

Der chinesische Präsident persönlich hatte die Raketenstreitkräfte 2015 als eigene Teilstreitkraft aus der Armee ausgegliedert, seither haben sie immer mehr Wertschätzung und vor allem auch Geld bekommen. Auch der verschwundene Ex-Außenminister Qin Gang war Protegé des Staats- und Parteichefs. Er galt als besonders scharfer Kritiker des Westens und propagierte die im Notfall militärische Eroberung Taiwans.

Xi geht also gegen seine Vertrauten vor. Aber was steckt dahinter?

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