Wladimir Putins Ukraine-Krieg erschüttert auch den internationalen Waffenhandel. Die russischen Verkäufe brechen ein, davon profitiert vor allem eine Supermacht.
Russland ist zwar immer noch eine große Atommacht, aber konventionell entmilitarisiert Putins Krieg das Land aktuell in einem rasanten Tempo – und der Kremlchef scheint noch immer nicht bereit, von seinen Kriegszielen abzulassen. Aber schon vor diesem Konflikt schien international eine wichtige Einflusssäule des Kremls zunehmend in Trümmern zu liegen: Die russischen Rüstungsexporte kollabieren schon seit mehreren Jahren, aber mit Putins Invasion droht nun der K.-o.-Schlag für eine russische Schlüsselindustrie. Die Folgen sind fatal.
Russlands Rüstungsindustrie muss gegenwärtig vor allem für die eigene Armee im Ukraine-Krieg produzieren. Dadurch kann Moskau seine Lieferungen an andere Staaten nicht einhalten – das kostet Putin Vertrauen, Geld und der russische Einfluss geht weltweit zurück.
Russischer Waffenboom ist am Ende
Ähnlich wie zuvor die Sowjetunion hat Russland das Problem, dass es kaum Soft Power besitzt. Das heißt: Der Kreml kann mit kultureller Attraktivität, mit Ideologie, mit Entwicklungshilfe oder durch ein attraktives politisches System kaum Macht auf andere Staaten ausüben, ohne Gewalt anzuwenden. Deswegen schüchtert Putin seine Nachbarstaaten militärisch ein oder benutzt Abhängigkeiten, indem er billige Rohstoffe oder Rüstungsgüter an andere Staaten verkauft.
Doch nach Angaben des schwedischen Friedensforschungsinstituts SIPRI ist Putins Rüstungsindustrie seit über einem Jahrzehnt auf dem Weg in die Krise. Im Jahr 2011 verzeichnete Russland bei den Rüstungsexporten einen Höchststand, aber bis 2019 war das Geschäft um 20 Prozent eingebrochen. 2011 lag Russland in Schlagdistanz zu den USA und belieferte laut SIPRI 35 Länder. Elf Jahre später, im Jahr 2022, sind es nur noch zwölf Länder und die Verkäufe sind im Vergleich zum Höchststand 2011 um 70 Prozent eingebrochen.
Putin hatte nach seiner Machtübernahme damit begonnen, die russische Armee technisch zu modernisieren. Danach warb der Kreml international mit leistungsfähigen Waffensystemen wie der S-300- oder der S-400-Flugabwehr, die im Vergleich zu den Systemen aus dem Westen kostengünstiger sind. Aber der russische Waffenboom scheint vorbei.
Russland unterstützt mit seinen Waffen despotische und revisionistische Führer wie Hugo Chávez in Venezuela und Bashar al-Assad in Syrien und half ihnen, ihre Macht zu festigen. Besonders von 2010 bis 2013 unterstützte Moskau die syrische Regierung in dem Bürgerkrieg mit Rüstungsgütern. Doch Mitte des vergangenen Jahrzehnts kam Gegenwind und wenige Jahre später stand Putins Schlüsselindustrie im Sturm.
Was sind die Gründe für die Krise?
- Venezuelas Wirtschaft brach 2014 ein, ebenso Syriens Waffenkäufe.
- Nach der Annexion der Krim durch Russland begannen die Vereinigten Staaten und andere westliche Länder, Druck auf Drittländer auszuüben, keine russischen Militärgüter zu kaufen.
- Vor der Besetzung der Krim zählten auch EU-Länder wie Zypern oder Slowenien zum Kundenkreis russischer Rüstungsunternehmen. Die westlichen Sanktionen änderten das schlagartig.
- Durch Chinas wirtschaftlichen Aufstieg konnte Peking seine rüstungspolitischen Abhängigkeit von Russland lösen und entwickelt immer mehr eigene Waffensysteme.
- Auch Indien hat unter Premierminister Narendra Modi die Eigenproduktion gesteigert und die Importe reduziert.
- Nach Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine hat der Westen die Sanktionen gegen Russland verschärft und nun fehlt der russischen Rüstungsindustrie moderne Technologie wie Halbleiter.
- Letztlich braucht Russland seine Rüstungsproduktion primär für die eigene Armee und kann nur noch wenig verkaufen.
“Die Nachfrage wird gering bleiben”
Der Einbruch der russischen Waffenexporte sind vor allem der Ausdruck der zunehmenden internationalen Isolation, in der sich Russland seit der Krim-Annexion 2014 befindet. Der Kollaps des russischen Waffengeschäfts ist ein Indikator dafür, wie teuer Putins Imperialismus auch für Russland ist. Er kostet nicht nur Zehntausende Menschenleben, sondern Moskau auch massiv an Einfluss.
Prinzipiell sind rückläufige Waffenexporte förderlich für den Frieden. Doch die Lücke, die Russland auf den Märkten hinterlässt, wird von anderen Staaten gefüllt. Vor allem die USA und Frankreich profitieren.