Ukraine-Krieg | Großbritanniens Unterstützung: “Das Einzige, was funktioniert”

Die britische Regierung kämpft gegen innenpolitisches Chaos. In ihrer Verteidigungspolitik verfolgt sie eine klarere Linie als Deutschland. Woran liegt das?

Ben Wallace hatte eine einfache Botschaft für die deutsche Regierung parat: “Ich weiß, dass es in der deutschen Politik Bedenken gab, dass sie nicht allein gehen wollen. Nun, sie sind nicht allein”, sagte der britische Verteidigungsminister im Parlament am Montag. Zuvor hatte die britische Regierung verkündet, man werden künftig 14 Kampfpanzer des Typs Challenger 2 an die Ukraine liefern.

Es werden die ersten Kampfpanzer westlicher Bauart sein, die künftig durch die Ukraine rollen. Deutschland solle nun anderen Ländern ermöglichen, auch Leopard 2-Panzer an die Ukraine zu liefern, meinte Wallace. Finnland und Polen seien dazu offenbar bereit, benötigen aber die Erlaubnis vom Herstellerland Deutschland: “All dies hängt derzeit von den Entscheidungen der Bundesregierung ab – nicht nur, ob die Deutschen ihre eigenen Leopard-Panzer liefern, sondern ob sie anderen die Erlaubnis erteilen oder nicht. Ich würde meine deutschen Kollegen dazu drängen.”

“Das Einzige, was in der britischen Regierung gerade funktioniert”

Wallace und die britische Regierung haben mit ihrer Entscheidung den Druck auf Deutschland erneut erhöht. Dumm nur, dass er zu dem Zeitpunkt gerade keinen deutschen Kollegen drängen konnte, weil seine deutsche Kollegin Christine Lambrecht (SPD) am Montag zurückgetreten war.

Ben Wallace: Der britische Verteidigungsminister gilt als beliebt. (Quelle: Wiktor Szymanowicz/imago)

Die Briten machen es in gewisser Weise Deutschland gerade vor: Trotz Brexit-Folgen, Inflation, Streiks und mehreren Wechseln in der Downing Street Nummer 10 gelingt es London, im Ukraine-Krieg eine Führungsrolle zu übernehmen – auch weil Ben Wallace im Verteidigungsministerium eine der wenigen Konstanten ist.

“Die Ukraine-Politik ist das Einzige, was in der britischen Regierung gerade funktioniert”, sagt Politikwissenschaftler Ed Turner von der Aston University in Birmingham im Gespräch mit t-online. Was also macht das ansonsten viel kritisierte Land anders als Deutschland? Und was könnte der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius von seinem britischen Kollegen lernen?

Lieferungen schon vor der Invasion

Wer sich die Militärhilfen der westlichen Staaten genauer ansieht, wird bemerken, dass die Briten nicht nur bei den Kampfpanzern vorgeprescht sind. Bereits Ende Januar – viele westliche Politiker und Experten hielten einen russischen Angriff auf die Ukraine noch für sehr unwahrscheinlich – hatte London bereits die ersten Waffenlieferungen beschlossen: Am 17. Januar sprach Außenministerin Annalena Baerbock noch in Kiew davon, deutsche Waffen in der Ukraine seien kein Thema und begründete das mit der deutschen Geschichte.

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Annalena Baerbock und Dmytro Kuleba: Noch im Januar hatte die Außenministerin bei einem Besuch ihres Kollegen im Kiew deutsche Waffenlieferungen abgelehnt. (Archivfoto) (Quelle: Janine Schmitz/imago)

Einen Tag später versprach das britische Verteidigungsministerium die Lieferung von leichten Panzerabwehrwaffen. Deutschland zögerte weiter – und erntete dann mit den ersten Ankündigungen Spott: Statt Munition oder Fahrzeuge versprach die damalige Verteidigungsministerin Christine Lambrecht den ukrainischen Soldaten 5.000 Helme und nannte es ein “ganz deutliches Signal.”

Mehr Helme und erste Hubschrauber

Auch Großbritannien kündigte zwei Monate später die Lieferung von Helmen an, allerdings von 84.000. Dass das britische Militär später zusätzliche Hilfen an die Ukraine versprach als Deutschland, blieb aber eher eine Ausnahme: Ende November etwa verspricht London Kiew drei Kampfhubschrauber der Marke “Sea King”. Es werden die ersten bemannten Fluggeräte nach westlicher Bauart sein, die die ukrainischen Soldaten nutzen. Nun folgen die Challenger-Kampfpanzer.

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Sea King-Hubschrauber der Royal Navy: Drei der Helikopter wurden an die Ukraine geliefert. (Archivfoto) (Quelle: Luc de Jaeger/imago images)

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