Robert Habeck und die Grünen haben miese Monate hinter sich. Nun aber wirkt der Vizekanzler gelöst – und ist mächtig wie nie. Die Frage ist nur: wie lange?
Robert Habeck ist gut gelaunt. Der Vizekanzler steht am Donnerstag in Bremen auf der Bühne der Nationalen Maritimen Konferenz und darf über die weite Welt philosophieren. Von den Reedereien seiner Kindheit in Kiel geht es mit dem Wasserstoff-Schiff direkt zu den neuen Gefahren für die Lebensadern der Globalisierung. Es sind die ganz großen Linien, genau wie er es mag.
Die Lage der Branche ist schwierig, die der Welt düster. Habecks Laune ist blendend. Zumindest die Coronakrise, sagt er irgendwann, sei ja nun vorbei. “Hoffentlich – Herr Lauterbach erzählte mir neulich ganz Fürchterliches”, ulkt Habeck plötzlich. “Aber der erzählt immer Fürchterliches. Es kommt dann immer nur halb so schlimm. Das ist die gute Nachricht!” Im Publikum regt sich erst schüchternes, dann lautes Gelächter, das seine Pointe halb verschluckt.
Ein Witz auf Kosten eines Kollegen, und das vor 800 Zuhörern. Noch vor einigen Wochen hätte Habeck sich das wohl nicht erlaubt. Da war er ausreichend damit beschäftigt, die Angriffe auf sich und das Heizungsgesetz abzuwehren. Mal reagierte er wütend, mal genervt, mal reumütig.
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Das lockere Welterklärertum ist die Qualität, die sie in seiner Partei besonders an Robert Habeck schätzen. Weil es Sympathien verspricht, also auch Wählerstimmen. Und die brauchen sie bei den Grünen nach dem Heiz-Desaster und den zeitweise nur noch 13 Prozent mehr denn je.
In diesen Tagen aber ist die Lockerflockigkeit des Robert Habeck zurück. Nicht nur in Bremen. Habeck grinst breit, als der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire am Mittwoch bei einer Pressekonferenz über die besondere Liebe des Finanzministers Christian Lindner zur Schuldenbremse spricht. Und feixt wenig später mit seinem Lieblingsgegner, auch wenn er dabei zugeben muss, so gar keine Ahnung zu haben. (Erhöhte Strahlung des iPhone 12, hat die Ampel das im Blick? Habeck: “Bist du zuständig vielleicht?” – Lindner: “Nee.” – “Hm.”)
Für Habecks gute Laune dürfte es vor allem zwei Gründe geben: Der ewige Streit über das Heizungsgesetz scheint mit dem Beschluss des Bundestages nun endgültig beendet zu sein. Und Robert Habeck selbst ist – so muss man das trotz seiner miesen Monate sagen – bei den Grünen plötzlich mächtig wie nie.
Habeck leidet noch mal
Freitag vor einer Woche, Plenarsaal des Deutschen Bundestags, 13.17 Uhr. Robert Habeck ist von der Regierungsbank aufgestanden und wartet längst, als er endlich ans Rednerpult gebeten wird. Er ist ungeduldig. Kein Wunder, heute will die Ampelkoalition sein Heizungsgesetz beschließen.
Die Debatte wird bis dahin für Habeck zum schmerzhaften Flashback der vergangenen Monate. Mit harten Angriffen – manche gut begründet, andere eher weniger. Habeck schüttelt den Kopf, verdreht die Augen, vergräbt sein Gesicht in den Händen. Er leidet noch mal öffentlich.
In seiner kurzen Rede dann scheint der Wirtschaftsminister jeden falschen Fakt, jede falsche Zahl selbst widerlegen zu wollen. Er verliert sich im Klein-klein, aber das ist nun auch nicht mehr wichtig.
Als die zweite Abstimmung über das Gesetz beginnt, beugt sich Habeck auf der Regierungsbank nach vorn und faltet die Hände auf dem Tisch. Viele andere Hände im Plenum gehen nach oben, es reicht für die Mehrheit. Habeck lächelt und wird das an diesem Nachmittag noch häufiger tun – für Selfies mit seinen Parteikollegen.
Und dann kam Paus
Bei den Grünen steht Robert Habeck in diesen Tagen hoch im Kurs, selbst Parteilinke stärken dem Realo vermehrt den Rücken. Was längst nicht immer so war. Viele von ihnen scheinen zu glauben, dass sie den Vizekanzler brauchen, um aus dem tiefen Tal zu kommen, in das sie Habeck ironischerweise selbst hineingeführt hat.