Russische Truppen haben im Osten der Ukraine zwei Städte fast eingekesselt, aber es geht nur sehr langsam voran. Dabei läuft die Zeit momentan gegen Wladimir Putin.
Es ist ein schmerzhaftes Geduldspiel. Im Osten der Ukraine toben weiterhin schwere Kämpfe; die russischen und die ukrainischen Truppen zahlen jeweils einen hohen Blutzoll, um ihre Stellungen halten zu können. Offiziell gibt es keine Zahlen zu den Todesopfern, aber es dürften Hunderte Tote jeden Tag sein – auf beiden Seiten. Die Truppen von Kremlchef Wladimir Putin tun sich weiterhin schwer, Fortschritte gibt es für Moskau kaum. Es ist der nächste militärische Misserfolg für Russland.
Denn die russische Offensive vom Jahresbeginn ist weitestgehend schon wieder verpufft – Putins Truppen geht die Puste aus. Zwar ist es der russischen Armee gelungen, die Städte Bachmut und Awdijiwka im Donbass fast einzukesseln. Doch die Städte sind noch lange nicht eingenommen, und die russischen Truppen beißen sich weiterhin die Zähne aus. Die Ukraine lockt Russland in Häuserkämpfen strategisch in eine Falle, denn Kiew weiß genau: Putin braucht dringend einen symbolischen Sieg – am besten in Bachmut.
Aber die Ukraine gibt die Stadt nicht auf, schafft es immer wieder, russische Angriffe abzuwehren. Ob der Plan des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj aufgeht, wird erst die Zeit zeigen. Und die läuft aktuell zugunsten der ukrainischen Armee, denn in den kommenden Monaten werden Panzer, Munition und Kampfflugzeuge aus dem Westen in der Ukraine eintreffen. Der nächste ukrainische Sturm wird kommen. Es könnte die letzte Chance für die Ukraine sein.
“Russland fällt auf einen Trick rein”
Die Ukraine bereitet nach eigenen Angaben nahe Bachmut einen Gegenangriff vor. Die russischen Truppen verlören “deutlich an Kraft” und seien “erschöpft”, erklärte der Befehlshaber der ukrainischen Bodentruppen, Oleksandr Syrskyj, am Donnerstag im Onlinedienst Telegram. “Wir werden diese Gelegenheit sehr bald nutzen, so wie wir es bei Kiew, Charkiw, Balaklija und Kupjansk getan haben”. Russland wolle Bachmut um jeden Preis einnehmen und scheue weder Verluste an Menschen noch an Material, sagte Syrskyj weiter.
Bachmut ist noch immer ein Fleischwolf. Beide Seiten schicken nach wie vor neue Kräfte und Material in die Kämpfe um die Stadt. Mittlerweile soll laut russischen Angaben für die ukrainischen Verteidiger nur noch ein zwei Kilometer breiter Korridor offen sein, die Stadt wurde fast eingekesselt. Aber hätte die Ukraine Bachmut nicht schon lange aufgeben müssen? In der Frage sind sich westliche Militärexperten nicht einig.
“Während sich die russischen Streitkräfte überaus dumm anstellen, machen es die Ukrainer äußerst geschickt. Die Kämpfe um Bachmut binden eine Großzahl an russischen Kräften. Soldaten, die wiederum an anderer Stelle fehlen”, sagte Marcus Keupp, Dozent für Militärökonomie an der Militärakademie der ETH Zürich, t-online. So könne die Ukraine Reserven für eine mögliche Frühjahrsoffensive schonen. “Je mehr Selenskyj zudem die Bedeutung Bachmuts betont, desto dringender will Prigoschin es erobern. Russland fällt auf einen Trick rein.”