Hochstapler-Affäre: AfD-Spitze geht auf direkte Konfrontation mit der Basis

Die Basis fordert Klarheit in der Hochstapler-Affäre. Der AfD-Bundesvorstand aber beschließt am Montagabend: nichts. Das könnte für Tumulte in der Partei sorgen.

Streng geheim – diese Regel galt am Montagabend für die Sitzung des AfD-Bundesvorstands. Die Teilnehmer mussten an der Tür ihre Handys abgeben, ihre Mitarbeiter durften nicht an der Sitzung teilnehmen, die Sitzung wurde nicht protokolliert.

Schon das zeigte an: Was besprochen wird, ist hochbrisant – und wie genau darüber gesprochen wird, das soll lieber unter Verschluss bleiben.

Die Parteispitze hatte für das außergewöhnliche Vorgehen ihre Gründe. Denn Diskussionsthema war die Hochstapler-Affäre in der AfD – und welche Konsequenzen der Bundesvorstand daraus nun ziehen will.

Die Basis macht seit Wochen Druck, ihre Kritik gerade auch an der Parteispitze ist groß. Sie protestiert in Chatgruppen und Parteigremien gegen geschönte Lebensläufe von Europawahl-Kandidaten, gegen Filz und Vetternwirtschaft in der Partei, die sich selbst so gern zum Kämpfer gegen solche Zustände in der Politik erklärt. Im Fokus stehen dabei mit Alice Weidel, Maximilian Krah und Dennis Hohloch auch drei Mitglieder des Bundesvorstands.

Nach vierstündiger Beratung am Montagabend aber steht dann die Entscheidung der AfD-Spitze: Obwohl die Basis protestiert und obwohl auch eine in Auftrag gegebene Prüfung die Vorwürfe gegen zwei Europawahl-Kandidaten nicht ausräumen konnte, wird sie keine Konsequenzen ziehen. Geht es nach der AfD-Spitze lässt man einen erwiesenen Hochstapler und eine der Falschangaben verdächtigen Kandidatin also in das EU-Parlament einziehen.

Zwei Hochstapler-Kandidaten und eine laxe Prüfung

Gegen Mary Khan-Hohloch (Listenplatz 14) erhoben Parteikollegen Vorwürfe, sie habe in Bezug auf ihr Studium und ihre Berufserfahrung außerhalb der Politik nicht die Wahrheit gesagt und die Delegierten in Magdeburg “arglistig” getäuscht. Sie hatte in ihrer Bewerbungsrede angegeben, ein Studium der “Religionswissenschaften und Öffentliches Recht mit Schwerpunkt Europarecht” absolviert und vier Jahre außerhalb der Politik gearbeitet zu haben.

Nach immer neuen Veröffentlichungen und massivem Druck von der Basis ordnete der Bundesvorstand am 21. August eine Prüfung aller 35 Europawahl-Kandidaten an. Schon die stand wegen Laxheit in der Kritik: So ließ der Bundesvorstand weder die Angaben der Bewerber im Internet noch ihre Angaben in Magdeburg zur Berufserfahrung außerhalb der Politik prüfen – mögliche Schlupflöcher für die Kandidaten Bausemer und Khan-Hohloch. Einige ihrer in Zweifel stehenden Angaben wurden so gar nicht unter die Lupe genommen.

Stattdessen wurden Vertrauensleute eingesetzt, ihnen sollten die 35 Kandidaten bis zum 11. September Belege für Studien- und Berufsabschluss liefern. An diesem Montagabend ließ sich der Bundesvorstand dann von den Vertrauensleuten über das Ergebnis der Prüfung unterrichten. Und das Ergebnis fiel schlecht aus für Bausemer und Khan-Hohloch.

Der Verdacht wird erhärtet – die Parteispitze tut nichts

Zwar legten nach Informationen von t-online beide Kandidaten Dokumente bei den Vertrauensleuten vor – allerdings keine, die ihre Angaben vollumfänglich belegen konnten. Khan-Hohloch konnte demnach kein offizielles Abschlusszeugnis für ihr Studium mit Datum vor der Versammlung in Magdeburg nachweisen. Bausemer konnte laut Nachrichtenagentur AFP weder Studien- noch Berufsabschluss belegen.

Die Prüfung also räumte den Verdacht nicht aus der Welt, sondern bestärkte ihn noch. Dennoch kam der Vorstand nach stundenlangen Diskussionen überein: Bausemer und Khan-Hohloch sollen Kandidaten für die EU-Wahl bleiben, die bereits gesetzte Liste bleibt unangetastet. Die Parteispitze tut erst einmal nichts.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein