Für selbsterklärte Repräsentanten Deutschlands wird es eng. Neben dem verhafteten Möchtegern-König Prinz Heinrich XIII. Reuß ist auch “Exil-Kanzler” Ralph T. Niemeyer im Visier der Fahnder.
Die Gesandte des Möchtegern-Königs erreichte den “Exil-Kanzler” unter widrigen Umständen: Ralph T. Niemeyer hatte eine Rede gehalten und war mit Hunderten Demonstranten durch das nächtliche Wittenberg spaziert, als er angesprochen wurde. Eine Person wollte ihm ein Bündel Papiere übergeben, Dokumente von Prinz Heinrich XIII. Reuß – dem Mann, der in Deutschland mutmaßlich mit einem Putsch die Monarchie wiedereinführen und König werden wollte.
Niemeyer, der im September in Russland als Vertreter einer “Exil-Regierung” Deutschlands aufgetreten war, bestätigt diese brisante Kontaktaufnahme: Er sei am Rande der Demo gebeten worden, Bote zu spielen und Wladimir Putin etwas zu überbringen. “Es war ein Paket an Dokumenten mit Siegeln und Stempeln des Prinzen Heinrich XIII. Reuß, aber ich konnte mir das dort nicht anschauen und habe nichts zugesagt. Ich brauche auch keinen König.” t-online ist der Frage nachgegangen, was das vermeintliche Deutschland-Oberhaupt Niemeyer und das verhinderte Deutschland-Oberhaupt Prinz Heinrich verbindet.
Möglicherweise dachte die Gruppe um den in die “Reichsbürger”-Szene abgerutschten Frankfurter Immobilienmakler und Prinzen, der selbst ernannte “Exil-Kanzler” habe nach seinen Gesprächen mit der ersten Riege russischer Regierungsvertreter den aussichtsreicheren Zugang. Prinz Heinrich XIII. Reuß selbst soll nach einigen Bemühungen im russischen Generalkonsulat vorstellig geworden sein.
Niemeyer, der Ex-Ehemann von Sahra Wagenknecht, kann dagegen direkte Treffen mit der russischen Elite vorweisen. Diese Treffen aus dem September, über die t-online als erstes Medium ausführlich berichtet hatte, sind nun auch für die Staatsanwaltschaft München I von Interesse. Gegen Niemeyer wird ermittelt – und es geht um einen Vorwurf, der wohl kaum einem Ermittler je begegnet ist: Hochstapelei mit möglichen negativen Folgen für die Sicherheit Deutschlands.
Schon Versuch strafbar
Der Straftatbestand findet sich im Strafgesetzbuch unter Paragraf 100a und nennt sich “Landesverräterische Fälschung”. Eine Strafe von sechs Monaten bis fünf Jahren Haft steht darauf, und es spielt für die Schuldfrage keine Rolle, ob die Täuschung erfolgreich war, erklärt der Anwalt Chan-Jo Jun, der sich mit dem Fall befasst hat.
Es geht bei dem Vorwurf darum, falsche Informationen an eine fremde Macht gelangen zu lassen, die geeignet sind, die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden. Und als Vertreter Deutschlands zu suggerieren, man sei von vielen Menschen legitimiert hinsichtlich einer von der Regierungspolitik völlig abweichenden Linie. Damit könne die Politik beeinflusst und die Sicherheit gefährdet werden. Strafbar sei bereits der Versuch.
Die Beweise gegen sich hat Niemeyer alle selbst geliefert, auch wenn er manche gelöscht hat: Es sind Videos, Telegram-Postings und Dokumente, die er verbreitet hat und in denen er sich mal “Exil-Kanzler”, mal “Geschäftsführender Kanzler des Exekutivkomitees der Regierung für Deutschland (im Exil)” nannte.
Firmen sollen Wladiwostock-Reise bezahlt haben
“Die Scholz-Regierung ist am Ende”, hatte er am 3. September aus Moskau verkündet, wo die “Deutsche Exilregierung” – also er – in Verhandlung über die Öffnung von Nord Stream 2 sei. “Es geht jetzt nur noch darum, unter welchen Umständen sie die Macht abgibt.” Niemeyer war nach Russland gereist, um “für Deutschland” Gaslieferungen auszuhandeln. So erklärte er es selbst. Und er hatte angegeben, die “völkerrechtlich autorisierte Exilregierung” werde “die Vertretung Deutschlands übernehmen”. Die “BRD-Verwaltung” sei suspendiert, verkündete er in einem auf Telegram verbreiteten Video, nachdem er den deutschen Luftraum verlassen hatte.
Seinen Angaben zufolge war er zu einem Wirtschaftsforum nach Wladiwostok gereist, im Auftrag und bezahlt von deutschen Unternehmern, die an günstigem Gas interessiert waren. An dieser Idee arbeite er nach seinen Worten weiter, es gebe weiter ein gültiges Angebot von Gazprom. Was er bei dem Forum über seine Rolle sagte, sei Bedingung gewesen für die Treffen dort mit Außenminister Sergej Lawrow, dem Putin-Sprecher Dmitri Peskow und dem Gazprom-Chef Alexei Miller: Er sei für eine “Exil-Regierung von Deutschland” dort. “Dass ich so auftrat, war eine Konstruktion auf Wunsch der Russen, für die da keine privatwirtschaftlichen Verhandlungen infrage kamen”, erklärt er t-online.