Die Wahllokale sind geschlossen, in der Türkei wurden am Sonntag ein neuer Präsident und ein neues Parlament gewählt. 75 Prozent der Stimmen sind bisher ausgezählt.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan liegt nach der Auszählung von 89,1 Prozent der abgegebenen Stimmen bei der Präsidentenwahl vorn. Der Amtsinhaber liegt aktuell bei 49,9 Prozent, berichtete der TV-Sender “CNN Türk”. Auf seinen Herausforderer Kemal Kılıçdaroğlu von der oppositionellen CHP entfielen demnach 44,3 Prozent. Der Autor Sinan Oğan lag bei 5,3 Prozent.
Viele türkische TV-Sender berufen sich bei ihren Zwischenergebnissen auf Informationen der staatlichen und AKP-nahen Nachrichtenagentur Anadolu, aber diese Zahlen sind umstritten. Laut der oppositionsnahen Nachrichtenagentur Anka liegt Erdoğan mit 48,9 Prozent nur knapp vor Kılıçdaroğlu mit 45,2 Prozent – 89,5 Prozent der abgegebenen Stimmen wurden ausgezählt.
Bei weniger als 50 Prozent kommt es zur Stichwahl
In der Türkei wählten die Menschen am Sonntag den Präsidenten und das Parlament. Bei der Parlamentswahl zeichnet sich ein Sieg von Erdoğans AKP ab. Nachdem 89,1 Prozent der abgebenden Stimmen ausgezählt wurden, lag sie laut “CNN Türk” bei 36,0 Prozent. Die sozialdemokratische CHP kommt dagegen bisher auf 24,6 Prozent, die konservative iYi-Partei auf 10 Prozent, die pro-kurdische HDP auf 8,5 Prozent. Erdoğans rechtsextremer Koalitionspartner, die MHP, liegt bei 10,6 Prozent.
Neuer Präsident wird, wer im ersten Wahlgang mehr als 50 Prozent der Stimmen bekommt. Schafft dies keiner der Kandidaten, treten die zwei Erstplatzierten in zwei Wochen, am 28. Mai, in einer Stichwahl gegeneinander an.
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Da in den türkischen Provinzen traditionell schneller ausgezählt wird als in den großen Metropolen, können die Endergebnisse noch deutlich von dem aktuellen Zwischenstand abweichen. Die Endergebnisse dürfen eigentlich erst um 20 Uhr MEZ (Ortszeit 21 Uhr) veröffentlicht werden. Die Wahllokale schlossen um 16 Uhr MEZ (Ortszeit 17 Uhr).
Grünen-Politiker Hofreiter zeigt sich besorgt
Grünen-Politiker Anton Hofreiter zeigt sich angesichts der Zwischenergebnisse der Wahlen in der Türkei besorgt. “Wenn sich das Ergebnis bestätigt, dass Erdoğan erneut die Wahl gewinnt, müssen sich Europa und Deutschland darauf einstellen, dass die Türkei weiter Richtung Autokratie rutscht”, sagte der Vorsitzende des Europa-Ausschusses im Bundestag t-online.
Die Wahl in der Türkei gilt als richtungsweisend und wegen der zu erwartenden innen- und außenpolitischen Auswirkungen als eine der weltweit wichtigsten in diesem Jahr. Seit der Einführung eines Präsidialsystems vor fünf Jahren hat der 69 Jahre alte Erdoğan so viel Macht wie noch nie. Kritiker befürchten, dass das Land mit rund 85 Millionen Einwohnern bei einer Wiederwahl Erdoğans vollends in die Autokratie abgleiten könnte. Auch international wird die Abstimmung in dem Nato-Land aufmerksam beobachtet.
Kılıçdaroğlu (74) ist Chef der sozialdemokratischen CHP und kandidierte für ein Bündnis aus sechs Parteien. Er verspricht eine demokratischere Türkei. Der dritte Kandidat, Sinan Ogan, hat keine Aussicht auf einen Sieg. Ein weiterer Herausforderer, Muharrem Ince, hatte sich aus dem Rennen zurückgezogen. Sein Name stand aber noch auf dem Wahlzettel und für ihn abgegebene Stimmen sollten mit ausgezählt werden.