Tausende Menschen steuern derzeit Lampedusa an – mehr als die Insel Einwohner zählt. Italien reagiert mit “außergewöhnlichen Maßnahmen”. Aber was steckt dahinter?
Chaos und Verzweiflung machen sich auf Lampedusa breit. Auf der kleinen Mittelmeerinsel zwischen Sizilien und Nordafrika kommen in diesen Tagen Tausende Menschen an, die – meist über Tunesien – wegen Krisen, Kriegen und Armut aus Nordafrika und dem Nahen Osten geflüchtet sind.
Die Überfahrt ist lebensgefährlich – und auch in Italien können sich die Menschen noch nicht in Sicherheit wiegen. Vergangene Woche starb etwa ein Neugeborenes, als die Küstenwache Neuankömmlinge an Land bringen wollte (hier lesen Sie mehr dazu).
Die Behörden vor Ort sind stark überlastet. Der Stadtrat hat den Notstand ausgerufen. Lampedusa zählt zusammen mit der Nachbarinsel Linosa eigentlich nur knapp 6.500 Einwohner. Vergangene Woche waren zwischenzeitlich 6.800 Geflüchtete im Erstaufnahmelager der Insel untergebracht – obwohl dort nur für maximal 600 Menschen Platz ist. Dem Roten Kreuz zufolge wurden nun bereits mehrere Hundert Menschen nach Sizilien oder aufs Festland gebracht. Dennoch ist die Lage höchst angespannt – und setzt Italien und die EU zunehmend unter Druck.
“Außergewöhnliche Maßnahmen”
Die italienische ultrarechte Regierungschefin Georgia Meloni sieht deshalb dringenden Handlungsbedarf. Sie kündigte “außergewöhnliche Maßnahmen” an, um die irreguläre Migration auf Lampedusa einzudämmen. An diesem Montag berät das Kabinett über ein solches Maßnahmenpaket. Einige Punkte, die dabei auf den Tisch kommen werden, sind bereits bekannt.
So hatte Meloni schon am Freitagabend Beschlüsse zur Verschärfung der Abschiebehaft sowie die Einrichtung von Abschiebehaftanstalten durch das Militär angekündigt. Konkret bedeutet das die Anhebung des Höchstmaßes der Haftdauer bei Abschiebungen auf 18 Monate, dem laut EU-Recht zulässigen Maximum.
Mit der Verschärfung der Abschiebehaft will Meloni sicherstellen, dass irregulär Eingereiste so lange festgehalten werden können, wie es für die Prüfung des jeweiligen Asylantrags erforderlich ist. So soll eine mögliche Abschiebung einfacher geschehen können.
Meloni fordert härteres Vorgehen gegen Migranten
Darüber hinaus soll das Verteidigungsministerium den Auftrag erhalten, Strukturen zu schaffen, um irregulär eingereiste Migranten festzusetzen. Die Einrichtungen sollen nach Melonis Worten “in abgelegenen, möglichst dünn besiedelten Gebieten” errichtet werden, die leicht eingegrenzt und überwacht werden können.
Insgesamt fordert Meloni ein härteres Vorgehen gegen Migranten. Die Menschen müssten schon in Nordafrika an der Überfahrt nach Europa gehindert werden. Die Umverteilung der Menschen auf die Mitgliedstaaten löse das Problem nicht. Sie sagte, es sei Aufgabe der gesamten EU, die Situation zu bewältigen.
2023 bereits mehr als 127.000 Menschen in Italien angekommen
Derweil werden sehr viele Menschen von der kleinen Insel nach Sizilien oder in Unterkünfte auf dem Festland gebracht. An der tunesischen Küste gingen Sicherheitskräfte am Samstag mit einem Großaufgebot gegen Migranten und Schlepper vor, um sie gar nicht erst nach Lampedusa starten zu lassen. Zahlreiche Menschen wurden festgenommen. Die EU hatte mit Tunesien im Gegenzug für Finanzhilfen im Sommer vereinbart, dass die dortigen Sicherheitsbehörden stärker gegen Schlepper und das Ablegen von Booten vorgehen sollten.