Haiti befindet sich folglich in einer humanitären Katastrophe, 4,7 Millionen Menschen leiden Hunger. Öffentliche Infrastruktur ist zusammengebrochen, die Cholera breitet sich aus. Der Interimspräsident forderte Militärunterstützung aus dem Ausland an. Während Menschen in den betroffenen Gebieten dies unterstützen, sieht die Opposition darin eine Maßnahme zur Machtsicherung. Ohnehin gibt es nur wenige Staaten, die zu einer solchen Mission bereit wären. Die ICG glaubt jedoch: Ausländische Truppen “können Haitis beste Hoffnung sein”.
Pakistan: Ex-Premier kämpft gegen die Regierung
Pakistan steht vor einem Jahr der Entscheidung: Im Oktober wird gewählt. Der Ex-Premierminister Imran Khan stellt sich gegen Regierung und Militär und setzt dabei auf populistische Unterstützung. Er war erst im Frühjahr 2022 wegen Korruptionsvorwürfen aus dem Amt zurückgetreten. Khan und seine Partei forderten daraufhin jedoch vorgezogene Neuwahlen und riefen zu Protesten auf. Als die Regierung sich weigerte, den Forderungen nachzukommen und die Wahlkommission den Ex-Premier im Oktober für fünf Jahre für alle politischen Ämter sperrte, eskalierten die Demonstrationen zunehmend.
Im November wurde Khan dann während eines Protests angeschossen – und beschuldigte prompt einen Minister der neuen Regierung und einen hochrangigen Offizier, sich zu seinem Mord verschworen zu haben. Und auch vor der anstehenden Wahl wittert Khan Verschwörung gegen ihn. Sollte er die Wahl verlieren, wird er das Ergebnis wohl ablehnen. Dann käme es auf die Reaktion des Militärs an, so die Experten der ICG – die Beziehungen zur Armee waren schon während Khans Amtszeit zerrüttet.
Dazu kommen die Folgen der verheerenden Fluten im vergangenen Jahr. Millionen Menschen sind noch immer auf humanitäre Hilfe angewiesen, die wirtschaftlichen Schänden reichen wohl weit in zweistellige Milliardenhöhe. Für finanzielle Unterstützung forderte der Internationale Währungsfonds jedoch Reformen, die viele Pakistanis schmerzen dürften. Führt die Regierung diese durch, riskiert sie wachsende Unterstützung für Khan – allerdings ist das Land auf das Geld angewiesen.
Und während alldem sind vor allem in der Grenzregion zu Afghanistan islamistische Milizen auf dem Vormarsch. Ende November hatten die pakistanischen Taliban eine Waffenruhe mit der Regierung für beendet erklärt. Sie reklamierten im Dezember mehrere Anschläge für sich, bei denen insgesamt neun Menschen starben.
Taiwan – Streitobjekt der Weltmächte
Um die Insel Taiwan streiten die Weltmächte China und USA. China beansprucht Taiwan als Teil der Volksrepublik. Die Insel hingegen sieht sich selbst als unabhängige Republik, die jedoch von den meisten Staaten, auch Deutschland, nicht als solche anerkannt wird. Die USA fordern eine friedliche Lösung, sicherten der taiwanesischen Führung jedoch zuletzt noch im September zu, im Fall eines chinesischen Angriffs zur Hilfe kommen zu wollen.
Die Spannungen mit China waren bereits mit dem Taiwan-Besuch der damaligen Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, der Demokratin Nancy Pelosi, im Sommer 2022 gestiegen. Peking wertete ihre Reise als Provokation und reagierte mit Militärübungen rund um die Insel. In Washington wächst derweil die Sorge um das weitere Vorgehen Chinas und den Ausbau des Einflusses in der Region.
Die Experten der ICG glauben nicht an eine baldige Invasion chinesischer Truppen – auch deshalb, da die internationale Antwort auf Russlands Einmarsch in die Ukraine der chinesischen Führung die möglichen Konsequenzen eines solchen Schritts vor Augen geführt habe. Sollte Peking jedoch zu dem Schluss kommen, dass Washington und Taipeh die endgültige Abspaltung der Insel von der Volksrepublik vorantreiben, könne ein Krieg dennoch wahrscheinlicher werden, warnt die NGO.