Bundeswehr und die VJTF: Kann diese Truppe führen?

Zum Jahreswechsel hat Deutschland die Führung in der schnellen Eingreiftruppe der Nato übernommen – trotz Mängel in der Bundeswehr. Geht das gut?

Das Wichtigste im Überblick


Jens Stoltenberg wollte keine Zweifel aufkommen lassen: “Ich bin absolut zuversichtlich, dass Deutschland eine hervorragende Führungsnation für die VJTF sein wird”, sagte der Norweger zum Jahreswechsel. Seit 2023 hat Deutschland die Führung in der schnellen Eingreiftruppe des Verteidigungsbündnisses.

Allerdings wird auch dem Nato-Generalsekretär aufgefallen sein, dass die Bundeswehr schon länger mit Mängeln zu kämpfen hat – und die Kritik an Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) nicht kleiner wird. Mehr dazu lesen Sie hier. Es gebe sicherlich “Lücken und Defizite”, Stoltenberg hob jedoch auch hervor, dass sich neben Deutschland acht weitere Nationen an der sogenannten “Speerspitze” des Verteidigungsbündnisses beteiligen werden. Aber hat die Bundeswehr tatsächlich alles, was es braucht, um die “Very High Readiness Joint Task Force” (VJTF) zu führen? t-online gibt einen Überblick.

Was ist die VJTF?

Die VJTF gilt als schnellste Eingreiftruppe der Nato: Die Soldaten, die dem Einsatzverband angehören, sollen in maximal 72 Stunden überall dorthin verlegt werden können, wo sie benötigt werden. Gegründet wurde die VJTF 2014 als Reaktion auf die völkerrechtswidrige Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland.

Im Wechsel übernimmt jeweils ein Nato-Staat ein Jahr lang die Führung der Eingreiftruppe. Vor Deutschland hatte Frankreich 2022 die Führungsaufgabe inne. Daneben sind gemeinsam mit Deutschland in diesem Jahr acht weitere Nationen beteiligt: die Niederlande, Norwegen, Tschechien, Belgien, Litauen, Lettland, Luxemburg und Slowenien.

Was muss Deutschland in dem Einsatzverband leisten?

Ein Großteil der Soldaten für den Einsatzverband kommt von der Bundeswehr: Insgesamt stellen die neun Staaten 11.500 Soldaten ab, von denen 8.000 aus Deutschland stammen. Den Leitverband für die gesamten Landstreitkräfte stellt dabei die deutsche Panzergrenadierbrigade 37, die im sächsischen Frankenberg stationiert ist.

Die gesamte VJTF muss unterschiedliche Fähigkeiten abdecken: Dazu gehören etwa Panzertruppen, Infanterie und Artillerie, aber der Einsatzverband stellt auch Hubschrauber, Aufklärung oder Sanitäter zur Verfügung. Deutschland beteiligt sich dabei an allen Bereichen, während die restlichen Länder nur einzelne Segmente bedienen.

Ist die Bundeswehr dazu in der Lage?

Trotz der lobenden Worte von Jens Stoltenberg sind die Mängel innerhalb der Bundeswehr offensichtlich: Öffentlich wurde die Kritik zuletzt wegen zahlreicher Ausfälle des Schützenpanzers Puma besonders laut, der ursprünglich auch für die VJTF abgestellt werden sollte. Bei einer Schießübung waren alle 18 eingesetzten Exemplare ausgefallen. Stattdessen stellt die Bundeswehr nun den älteren Schützenpanzer Marder. Den Tausch der Panzer nennt Christian Mölling von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) “bedauerlich”, allerdings sei er auch zu verschmerzen: “Der Marder ist eine Notlösung, aber er funktioniert”, sagt der Verteidigungsexperte im Gespräch mit t-online.

Puma-Schützenpanzer: Bei einer Übung sind kürzlich zahlreiche Panzer ausgefallen. (Quelle: Björn Trotzki/imago images)

Doch die Ausfälle der Pumas sind nicht die einzigen Mängel, die die Bundeswehr bei der Führung der Eingreiftruppe aufweist: Insgesamt sei die Einsatzbereitschaft “gegeben, allerdings teilweise qualitativ eingeschränkt”. So steht es in einem internen Bericht, den Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) und der Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, dem Verteidigungsausschuss Mitte Dezember vorgelegt hatten. Der Bericht liegt t-online vor. In dem dortigen Ampelsystem, mit dem die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr in verschiedenen Bereichen bewertet wird, steht die VJTF auf Gelb: Die Einsatzfähigkeit sei “mit Einschränkungen” sichergestellt.

Zudem gibt es laut dem Bericht Mängel, die sich bis zur Übernahme der Führung in der VJTF nicht mehr beheben ließen: Bei der Kommunikationsfähigkeit zwischen den Verbänden der einzelnen Länder könne man lediglich “Minimalforderungen” erfüllen. Dem Sanitätsdienst fehle es zudem aufgrund von Lieferengpässen an Vorräten bei Medikamenten und Verbandsmaterial. Zudem bestehe ein “erhebliches Fähigkeitsdefizit” in der Flugabwehr.

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