Der FC Bayern erlebt beim FC Barcelona ein Debakel. Um weiteren schwerwiegenden Niederlagen vorzubeugen, muss ein Umdenken stattfinden.

Was zum größten Sieg der noch jungen Amtszeit von Vincent Kompany beim FC Bayern München hätte werden können, entwickelte sich zu seiner bisher größten Niederlage.

Was der größte Sieg der noch jungen Amtszeit von Vincent Kompany beim FC Bayern München hätte werden können, entwickelte sich zu seiner bisher größten Niederlage: Ein 1:4 beim FC Barcelona, dem stolzen katalanischen Traditionsverein, der in den vergangenen Jahren doch eigentlich fast schon zum Lieblingsgegner der Bayern verkommen war. Nun also die komplette Umkehr – 22:4 Tore hieß es aus Bayern-Sicht in den vergangenen sechs Aufeinandertreffen noch.

Das 1:4 in seiner ganzen Wucht muss ein Weckruf sein für Kompany und seine Bayern – denn im Olympiastadion von Barcelona wurde durch die zeitweise entfesselt aufspielende Mannschaft des früheren Münchner Trainers Hansi Flick schonungslos aufgedeckt, was den „Roten“ aktuell fehlt.

Mehr noch droht dem deutschen Rekordmeister so auf Dauer ein Dilemma: Zu gut für die Bundesliga, aber nicht gut genug für die Spitze Europas. Denn schon an Aston Villa biss sich die Kompany-Elf am zweiten Spieltag der Königsklasse die Zähne aus, kam in der heimischen Liga trotz teilweise drückender Überlegenheit nicht über Unentschieden gegen Bayer Leverkusen (1:1) und Eintracht Frankfurt (3:3) hinaus. National mag es trotzdem noch zu Platz eins reichen – auf europäischer Ebene aber nicht.

Bei aller in der Bundesliga zur Schau gestellten Dominanz, die zuletzt im 4:0 gegen Vizemeister VfB Stuttgart gipfelte, bei aller Offensivprominenz: Es mangelt den Bayern – noch – offenbar an der dringend benötigten Reife, wenn es darauf ankommt. Keine Angst, kein Zittern, aber: Unkonzentriertheiten, Wackler, Fehler, Hast, Wurschteligkeit. Flicks Barcelona schien genau zu wissen, was es tat (und wie es die durchaus vorhandenen eigenen Unzulänglichkeiten überspielen konnte) – die Bayern nicht unbedingt.

Hohe Siege wie der gegen Dinamo Zagreb (9:2) begeistern jubelfreudiges Eventpublikum, letztlich aber können sie auch ein falsches Gefühl der Sicherheit vermitteln. Und dabei darüber hinwegtäuschen, dass die Bayern ihren Gegnern regelmäßig auch durchaus großzügig Chancen anbieten. Denn in der Verteidigung lässt Kompany hoch stehen, lässt Eins-gegen-Eins verteidigen, eine zusätzliche Absicherung ist nicht eingeplant – nicht umsonst sprach Joshua Kimmich nun von „Harakiri“, und Torwart Manuel Neuer nannte das Bayern-Spiel „risikoreich“. Eine Verwundbarkeit, die gerade gegen Gegner höherer bis höchster Güte fatal sein kann, fatal nun war.

Positiv stimmen mögen aber die Reaktionen der Bayern nach dem 1:4. „Wir sollten nach so einer Niederlage nicht nach Entschuldigungen suchen, sondern schnell daraus lernen“, sagte Kompany am späten Abend. Der stets ruhig und bedächtig wirkende Fußball-Lehrer muss nun zwar nicht alles hinterfragen, sondern die – wenigen, aber wesentlichen – Dinge, die noch nicht funktionieren, die zu wagemutig sind, nachjustieren. Das ist nun, wenige Wochen in der neuen Saison, wohl die größte Aufgabe in seinem ersten Jahr an der Säbener Straße. Sonst wird Barcelona nicht die letzte große Niederlage seiner Amtszeit beim FC Bayern bleiben.

Aktie.
Die mobile Version verlassen