Das Milliardenpaket des Bundes stößt auf harsche Kritik – auch aus der Wirtschaft. Unternehmer Caspar Brockhaus warnt, Deutschland könnte in eine Schuldenfalle tappen.
Es sind gigantische Summen: Mit 900 Milliarden Euro wollen Union, SPD und Grüne das Land auf Vordermann bringen und Deutschland verteidigungsfähig machen. Mit dem Gesetz, das am Freitag noch vom Bundesrat genehmigt wurde, wird die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse, die der Neuverschuldung des Bundes enge Grenzen setzt, für Ausgaben in Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit gelockert. Für alle diese Ausgaben, die ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschreiten, dürfen künftig Kredite aufgenommen werden. Das wäre in diesem Jahr alles über etwa 44 Milliarden Euro.
Außerdem wird ein Sondervermögen geschaffen, für das die Schuldenbremse nicht gilt und das mit Krediten bis zu 500 Milliarden Euro gefüttert wird. Daraus soll die Instandsetzung der maroden Infrastruktur in Deutschland bezahlt werden. 100 Milliarden Euro sollen an die Länder gehen, weitere 100 Milliarden Euro sollen fest in den Klimaschutz und in den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft fließen.
Doch es gibt auch scharfe Kritik an dem Milliardenpaket, so auch von Unternehmer Caspar Brockhaus. Der Chef eines mittelständischen Autozulieferers befürchtet, dass Deutschland in die Schuldenfalle tappt. Und er sagt, wen er sich als Wirtschaftsminister wünscht.
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t-online: Herr Brockhaus, Sie sehen das von Union und SPD gemeinsam mit den Grünen verabschiedete Schuldenpaket kritisch. Was genau stört Sie daran?
Caspar Brockhaus: Mich stört, dass wir versuchen, unsere strukturellen Probleme mit Geld zuzuschütten – mit sehr viel Geld. Man verliert ja schnell den Überblick, wenn ständig über Milliarden gesprochen wird. Aber der Umfang dieser Maßnahmen übersteigt den gesamten Aufbau Ost der letzten 30 Jahre. Das ist historisch einmalig – und doch wurde es vergleichsweise leichtfertig beschlossen.
Geht es nicht um dringend notwendige Investitionen?
An sich ja, aber die müssen wirken. Wenn sie nicht wirken, haben wir ein Problem – das wäre eine absolute Katastrophe. Investitionen in Infrastruktur, Energieversorgung oder Verteidigung können sinnvoll sein. Stromleitungen, Autobahnbrücken, digitale Netze und auch Panzer – das sind Dinge, die langfristig Wert schaffen. Aber wenn das Geld in ineffizienten Strukturen versickert oder im Genehmigungschaos hängen bleibt, haben wir nichts davon.
Dann zahlen wir jedes Jahr Milliarden an Zinsen. Momentan sind das rund 20 Milliarden Euro – es könnten aber noch deutlich mehr werden. Irgendwann muss das Geld zurückgezahlt werden. Ich fürchte, dass große Teile des 900-Milliarden-Schuldenpakets schlicht versanden. Zwei Szenarien sehe ich als Gefahr: Erstens Bürokratie, die Infrastrukturprojekte jahrelang verzögert, am besten noch durch Umweltklagen künstlich in die Länge gezogen. Wir kennen das Muster.
Es werden weitere Mittel in Sozialleistungen und laufende Ausgaben, also in Bürgergeld, Entwicklungshilfe und Personal, gesteckt. Natürlich kann man argumentieren, dass Sozialausgaben den Konsum stützen, aber das ist ein Einmaleffekt. Das Geld ist weg, während die Schulden und Zinsen bleiben. Wenn wir Schulden aufnehmen, um damit unseren Lebensstandard zu finanzieren, geraten wir in eine Schuldenfalle. Dann müssen künftige Regierungen immer neue Schulden aufnehmen – nicht nur für Investitionen, sondern auch, um die Zinsen der alten Schulden zu bedienen.
Sie trauen einer schwarz-roten Regierung also keine solide Finanzpolitik zu?
Ich habe Zweifel. Große Zweifel.
Caspar Brockhaus (geboren 1984) ist ein deutscher Unternehmer. Seit 2009 führt er in sechster Generation die Brockhaus-Gruppe, ein mittelständisches Familienunternehmen im Bereich Stahlverarbeitung und Messtechnik, mit mehr als 100 Millionen Euro Umsatz. Caspar Brockhaus lebt mit seiner Familie in Düsseldorf. Er ist verheiratet und Vater eines Sohnes.
Und woran machen Sie die fest?
Das Problem gab es schon immer. Geld versickert in Bürokratie und Wahlgeschenken, anstatt dass die Politik grundlegende Probleme löst. Es wäre falsch, alles nur der Ampel anzulasten, denn viele Probleme sind davor entstanden. In den 2010ern hatten wir günstige Zinsen und einen starken China-Exportmarkt. Dann kam Corona und die Reaktion darauf war: Alles wurde mit Geld zugeschüttet. Danach stieg die Inflation und mit ihr die Zinsen sowie die geopolitischen Risiken. Natürlich gab es Fehler, das Heizungsgesetz war ein handwerkliches Desaster. Aber wenn wir jetzt mit 900 Milliarden zocken, ist das eine andere Dimension. Das darf nicht passieren.