„Beispielloser Tabubruch“
SPD präsentiert Gegenvorschlag zu Merz-Plänen
27.01.2025 – 15:37 UhrLesedauer: 3 Min.
CDU-Chef Merz will im Bundestag schärfere Asylgesetze durchsetzen, auch mit Stimmen der AfD. Die SPD zeigt sich entsetzt – und macht Gegenvorschläge.
SPD-Generalsekretär Matthias Miersch hat der Union vorgeworfen, im Umgang mit der in Teilen rechtsextremen AfD bisherige Grenzen einzureißen. „Was Friedrich Merz und die CDU/CSU augenblicklich scheinbar vorhaben, ist ein beispielloser Tabubruch in der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland“, sagte Miersch am Montag nach Beratungen des SPD-Bundesvorstands in Berlin.
Jede Fraktion könne Anträge im Bundestag stellen, so Miersch: „Allerdings muss ich schon sagen: Ein solches Antragskonvolut, das auch auf die Grundfesten der Zusammenarbeit in Europa geht, ist eine Zäsur“, sagte er zu der Forderung der Union, alle Flüchtlinge an deutschen Grenzen abzuweisen. „Aber der Tabubruch ist, mit einer Partei wie der AfD zusammenzuarbeiten.“
Auslöser ist ein Antrag zu einem Fünf-Punkte-Plan für eine Wende in der Migrationspolitik, bei der Unions-Kanzlerkandidat Merz sagte, dass ihm egal sei, von welcher politischen Seite er dafür eine Mehrheit bekomme. SPD und Grüne wollen nicht für die Anträge der oppositionellen Unionsfraktion stimmen. Union, AfD, BSW und FDP hätten im Bundestag aber eine Mehrheit.
Miersch kritisierte, dass die Union keinerlei Gesprächsangebot zu ihren Anträgen zeige. Umgekehrt sei die SPD bereit, über Gesetzentwürfe zu Sicherheitsgesetzen und die nationale Umsetzung der europäischen Asylgesetze (GEAS) zu reden. Aber offenbar habe die Union daran kein Interesse. Ein Beschlusspapier des SPD-Vorstands vom Montag verwies auf folgende offene Gesetzesvorhaben, welche die SPD gerne mit Stimmen der Union durchsetzen würde:
- Gesetz zur Verbesserung der Terrorismusbekämpfung: Es soll dem Bundeskriminalamt und der Bundespolizei weiterreichende Befugnisse geben bei der Auswertung öffentlich vorliegender Daten, beispielsweise Fotos in sozialen Netzwerken
- Eine Modernisierung des Bundespolizeigesetzes, das die Bundespolizei „auf den aktuellen Stand der Technik“ bringen soll
- Bessere Erkennung von Menschen, „die aufgrund psychischer Erkrankungen eine Gefahr für sich wie für andere darstellen“; dazu sollen Vollzugsbehörden durch psychosozial spezialisierte Fachkräfte unterstützt werden; zudem soll die Kommunikation unter den Behörden „rund um die Uhr“ gewährleistet werden
- Kontrollen an den deutschen Grenzen will die SPD so lange fortführen, „wie es die Sicherheitslage erfordert“
Der SPD-Generalsekretär kritisierte zudem, dass keiner der Unions-Vorstöße die tödliche Messerattacke in Aschaffenburg vergangene Woche verhindert hätte. Es handele sich um ein Umsetzungsdefizit, in diesem Fall der bayerischen Behörden. Der 28-jährige Täter aus Afghanistan hätte längst nach Bulgarien abgeschoben werden müssen. „Der gesellschaftliche Zusammenhalt darf auch bei schwierigen Anlässen nicht infrage gestellt werden“, mahnte Miersch in der Migrationsdebatte.
Auf die Frage, ob die Union nach einer Wahl noch Koalitionspartner für die SPD sein könne, sagte Miersch, dass man nun abwarten müsse, ob Merz den Tabubruch im Umgang mit der AfD wirklich begehen werde.
Die FDP plant dagegen, dem Antrag der Unionsfraktion zur Verschärfung der Migrationspolitik zuzustimmen. „Die Vorschläge der Union gehen grundsätzlich in die richtige Richtung und deswegen werden wir dem Fünf-Punkte-Plan der CDU/CSU-Fraktion auch unsere Zustimmung erteilen im Deutschen Bundestag“, sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr bei einem Statement in Berlin.
Dürr warb dafür, dass auch die Fraktionen von SPD und Grünen dem Antrag zustimmen. „Denn ein Kurswechsel in der Migrationspolitik in Deutschland muss aus der parlamentarischen, aus der demokratischen Mitte heraus erfolgen.“ Über das Verhalten der AfD habe man bislang keine Kenntnis. „Aber wenn wir uns zu einem Unionsantrag verhalten, dann können wir es nicht von taktischen Spielchen der AfD abhängig machen.“ Der Fraktionsvorsitzende betonte außerdem, dass die FDP auch eigene Anträge einbringen wolle.
Auch der designierte FDP-Generalsekretär Marco Buschman signalisierte nach einer Präsidiumssitzung, dass die FDP-Spitze die Vorschläge von Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz für eine Verschärfung der Migrationspolitik unterstütze. Der Geist des Antrags entspreche dem, „was wir unter einer neuen Realpolitik in der Migration verstehen, nämlich mehr Kontrolle und Ordnung“.