Kopfschmerzen und Sehstörungen: Die Symptome einer Aura bei Migräne und eines Schlaganfalls können ähnlich sein. Wie erkennt man den Unterschied?

Im Gegensatz zu einer Migräneattacke kann ein Schlaganfall schwere Folgen für die Betroffenen haben. Aus diesem Grund ist es wichtig, genau auf die Symptome zu achten, die während einer Attacke auftreten. Wie sich eine Migräne mit Aura von einem Schlaganfall unterscheiden lässt.

Migräne ist neben Spannungskopfschmerzen die zweithäufigste Kopfschmerzart. Von Migräne sind in Deutschland etwa 15 bis 20 Prozent aller Frauen sowie 5 bis 8 Prozent aller Männer betroffen. Als Ursache spielt die genetische Veranlagung eine wichtige Rolle. Für Migräneattacken werden sowohl entzündliche als auch durchblutungsbedingte Krankheitsmechanismen verantwortlich gemacht. Migräne ist eine lebenslange Erkrankung.

Etwa 15 bis 25 Prozent der Betroffenen haben eine Migräne mit Aura – Frauen häufiger als Männer. Die Migräneaura ist durch neurologische Reiz- und Ausfallerscheinungen gekennzeichnet. Die Ausfälle betreffen meist zuerst den Bereich im Gehirn, der für das Sehen wichtig ist, und können sich über die ganze Hirnoberfläche ziehen. Die Folge ist eine kurzzeitige Störung der Aktivität der Nervenzellen. Die Aura tritt meist vor Eintritt der Kopfschmerzattacke auf.

  • Lichtblitze und Sehstörungen: So belastend ist eine Migräne mit Aura

Sehstörungen wie Lichtblitze, gezackte Linien bis hin zu Gesichtsfeldausfällen, Sprachstörungen wie Wortfindungsstörungen sowie Kribbeln und Taubheitsgefühle in den Armen sind häufige Symptome einer Aura. Doppelbilder, Hörstörungen, Tinnitus und lallende Sprache können im Rahmen einer Migräneaura ebenfalls auftreten, sind aber eher selten. Die visuelle Aura ist mit 98 Prozent die häufigste Auraform. 36 Prozent der Aura-Betroffenen haben Sensibilitätsstörungen, 10 Prozent Sprachstörungen. Die Symptome bilden sich in der Regel meist innerhalb von einer Stunde vollständig zurück.

„Diese Erregungswelle im Gehirn, Cortial Spreading Depression (CSD) genannt, wird außer bei der Migräne auch nach Hirnschädigungen wie akuten Schlaganfällen oder Schädel-Hirn-Traumata beobachtet“, sagt der Kopf- und Gesichtsschmerzexperte Dr. Charly Gaul. „Da sich die Aurasymptome und die Schlaganfallsymptome stark ähneln, sind Migräne-Betroffene oft verunsichert und haben Angst, einen Schlaganfall zu erleiden. Sehr selten kann es während eines schweren, lang andauernden Migräneanfalls zu einem Schlaganfall kommen. Mediziner sprechen dann von einem migränösem Infarkt.“

Priv.-Doz. Dr. med. Charly Gaul (Quelle: Privat)

Priv.-Doz. Dr. med. Charly Gaul ist Generalsekretär und Pressesprecher der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e. V. (DMKG). Der zertifizierter DMKG Kopf- und Gesichtsschmerzexperte sowie Facharzt für Neurologie, Neurologische Intensivmedizin und Spezielle Schmerztherapie ist am Kopfschmerzzentrum Frankfurt am Main tätig.

Es gibt Hinweise, die eine Unterscheidung zwischen einer Migräneaura und einem Schlaganfall zulassen. Laut dem Experten klingen die Symptome der Aura meist spätestens mit Einsetzen der Migränekopfschmerzen ab. Auch würden die Symptome nicht wie mit einem Schalter ein- und wieder ausgeschaltet. Ein langsames Erscheinen sei charakteristisch. „Die langsame Ausbreitung der neurologischen Symptome ist ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zu einem Schlaganfall. Ein Schlaganfall tritt schlagartig auf. Kennzeichnend sind zudem häufig Lähmungserscheinungen einer Körperhälfte“, erklärt Gaul. „Dieser Unterschied ist für Migräne-Betroffene wichtig zu kennen.“

Die Migräneaura ist in der Regel ungefährlich und hinterlässt keine Schäden im Gehirn. Was Betroffene aber wissen müssen: Migräne-Patienten mit Aura haben ein höheres Schlaganfallrisiko als Gesunde. „Dieses ist im Vergleich zu Gesunden etwa doppelt so hoch“, sagt der Migräne-Experte. „Das Risiko steigt zusätzlich an, wenn Betroffene rauchen, übergewichtig sind, Bluthochdruck haben, ein Diabetes besteht oder hohe Cholesterinwerte vorliegen. Auch die Einnahme der Anti-Baby-Pille ist in Kombination mit Aura-Migräne mit einem höheren Schlaganfallrisiko verknüpft.“ Wichtig ist es also, wenn man an einer Migräne mit Aura leidet, die anderen zusätzlichen Risikofaktoren im Blick zu haben.

Menschen mit Migräne sollten sich von ihrem behandelnden Arzt aufklären lassen, welche Beschwerden typisch für eine Aura sind, welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt und welches Symptombild auf einen Schlaganfall hindeuten kann. „Wenn Migräne-Patienten im Rahmen einer Aura bei sich bislang unbekannte neurologische Symptome feststellen oder wenn die Aurasymptome wie Seh-, Empfindungs- oder Sprachstörungen erstmals zum gleichen Zeitpunkt wie die Kopfschmerzen auftreten, sollte unbedingt auch an einen Schlaganfall gedacht werden“, betont Gaul.

Wer unsicher ist, ob es sich bei den Beschwerden um eine Aura oder einen Schlaganfall handelt, sollte in jedem Fall den Notruf 112 wählen. Der Verdacht auf einen Schlaganfall ist immer als lebensbedrohlicher Notfall anzusehen. Gesunde Menschen ohne Migräne sollten ebenfalls aufmerksam werden, wenn plötzlich unbekannte neurologische Störungen auftreten und bei Verdacht auf einen Schlaganfall ebenfalls ohne Zögern den Notarzt rufen.

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