Neue Studie
Bürgergeldempfänger suchen selten aktiv nach Jobs
Aktualisiert am 04.12.2025 – 08:53 UhrLesedauer: 3 Min.
Eine neue Untersuchung zeigt, warum Leistungsbezieher derzeit nicht aktiv nach Arbeit suchen. Sie legt jedoch auch offen, wo die Jobcenter scheitern.
Bürgergeldempfänger haben zuletzt die Jobsuche schleifen lassen, wie eine neue Studie ergeben hat. 57 Prozent der Befragten gaben an, in den vier Wochen vor der Erhebung keine neue Stelle gesucht zu haben. Außerdem berichtet fast die Hälfte von gesundheitlichen Einschränkungen, ebenso viele klagen über fehlende Betreuung durch die Jobcenter.
Im Frühjahr 2025 ließen das Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung und das Soko-Institut rund 1.000 Bürgergeldbezieher im Alter von 25 bis 50 Jahren befragen. Die Bertelsmann-Stiftung veröffentlichte die Ergebnisse am Donnerstag. Insgesamt berichten 45 Prozent der Befragten von psychischen oder chronischen Erkrankungen. Gleichzeitig sagen 43 Prozent, sie hätten bislang kein Stellenangebot vom Jobcenter erhalten. 38 Prozent sind demnach bei Weiterbildungsangeboten leer ausgegangen.
Drei Viertel der nicht aktiv Suchenden nennen gesundheitliche Einschränkungen als Grund. Knapp die Hälfte sieht zu wenige passende Stellen. 22 Prozent pflegen Angehörige oder betreuen Kinder; elf Prozent halten sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser.
Knapp die Hälfte der Arbeitslosen im SGB II weise laut der Stiftung mindestens zwei vermittlungshemmende Merkmale auf; lediglich zwölf Prozent seien ohne Hemmnisse. Deshalb seien für viele Betroffene eher Teilzeitmodelle realistisch, heißt es weiter.
Ein Viertel der Leistungsbezieher erklärt jedoch, dass sich eine Aufnahme von Arbeit finanziell kaum lohnen würde. Das zugrunde liegende Bertelsmann-Papier verweist darauf, dass sich viele Betroffene durch die aktuelle Anrechnung von Einkommen kaum besserstellen können: Zusätzlicher Verdienst wird zu großen Teilen auf das Bürgergeld angerechnet, sodass unter dem Strich oft nur wenig mehr bleibt.
45 Prozent der Befragten berichten von psychischen oder chronischen Erkrankungen
Institut für angewandte Wirtschaftsforschung
Geringer Aufwand selbst bei aktiver Suche
Unter denjenigen, die nach Arbeit suchen, investieren einige nur wenig Zeit in diese Aufgabe. 26 Prozent suchen bis zu neun Stunden pro Woche, nur sechs Prozent mehr als 20 Stunden. Das Jobcenter könnte Bürgergeldempfänger mit Maßnahmen fördern, um sie zum Beispiel bei Bewerbungen zu unterstützen. Die Bertelsmann-Stiftung stellt jedoch fest, dass solche arbeitsmarktpolitischen Instrumente bislang zu selten genutzt werden, unter anderem wegen hoher Kosten.
Die Stiftung folgert daraus, dass Jobcenter ihre Prioritäten stärker auf Vermittlung legen sollten. Arbeitsmarktexperte Roman Wink erklärte, nötig seien „weniger Bürokratie, mehr Vermittlung“. Zugleich empfiehlt die Stiftung eine individuellere Unterstützung, etwa durch Coaching und persönliche Entwicklungsberatung.
Tobias Ortmann, Co-Autor der Untersuchung, betont, gesundheitliche Einschränkungen ließen sich oft nicht kurzfristig lösen. „Wenn chronische oder psychische Krankheiten keine realistische Chance auf eine Integration in den Arbeitsmarkt bieten, dann sollte ein Wechsel aus der Grundsicherung in ein besser passendes Unterstützungssystem wie die Sozialhilfe oder die Erwerbsminderungsrente geprüft werden“, erklärte er.
Das Papier empfiehlt zudem, Betroffene schon zu Beginn des Bürgergeldbezugs stärker zu aktivieren. Sofort-Aktivierungsmaßnahmen sollten sicherstellen, dass Leistungsbezieher unmittelbar nach Antragstellung in Qualifizierungen oder geförderte Beschäftigung eingebunden werden. Ziel sei es, die Beschäftigungsfähigkeit zu stärken und Arbeitslosigkeit nicht zu verfestigen.
