Massenhochzeiten, Medien, Geld und Macht

Das imperiale Netz der Mun-Sekte


Aktualisiert am 20.01.2025 – 10:13 UhrLesedauer: 3 Min.

Beerdigung des Sektenführers Sun Myung Mun im September 2012: Heute ist die Bewegung in mehrere Fraktionen zerbrochen. (Quelle: imago stock&people/imago-images-bilder)

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Die südkoreanische Mun-Sekte zwingt ihre Anhänger durch extreme Rituale zum Gehorsam. Ihr Gründer Sun Myung Mun baute ein globales Geschäftsimperium auf.

Die sogenannte Vereinigungskirche, besser bekannt als Mun-Sekte, gilt als eine der umstrittensten religiösen Bewegungen der modernen Geschichte. Ihr Begründer, der Südkoreaner Sun Myung Mun, inszenierte sich als Messias und verfolgte eine Vision, die die Welt unter einer neuen Ordnung vereinen sollte – seiner Ordnung. Doch hinter der Fassade von religiöser Hingabe und überdimensionalen Massenhochzeiten verbarg sich ein System aus Manipulation, Ausbeutung und Gedankenkontrolle.

Sun Myung Mun gründete die „Vereinigungskirche“ 1954 in Südkoreas Hauptstadt Seoul. Der selbsternannte „Herr der zweiten Ankunft“ behauptete, er habe von Jesus persönlich den Auftrag erhalten, das „unvollendete Werk“ zu vollbringen. Muns Lehren, festgehalten in dem Pamphlet „Das göttliche Prinzip“, präsentierten eine eigenwillige Interpretation der Bibel: Der Sündenfall sei auf Evas angebliche Affäre mit Luzifer zurückzuführen.

Innerhalb weniger Jahre verbreitete sich Muns Bewegung in der ganzen Welt. In den USA fand Mun insbesondere in den 1970er-Jahren viele Anhänger. Zu Spitzenzeiten zählte die Sekte nach eigenen Angaben drei Millionen Mitglieder in 120 Ländern. Doch mit dem Wachstum kamen auch die ersten Vorwürfe: Kritiker bezichtigten Mun, Mitglieder systematisch zu isolieren, sie finanziell auszubeuten und sie durch strenge Rituale sowie emotionale Manipulation in Abhängigkeit zu halten.

Ehemalige Mitglieder berichten, wie neue Rekruten mit subtilen Methoden in die Gruppe gezogen wurden. „Lovebombing“, also übermäßige Aufmerksamkeit und Lob, sowie Einladungen zu harmlos wirkenden Treffen dienten dazu, emotionale Bindungen zu schaffen. Schritt für Schritt wurden sie in abgelegene Camps getrieben, wo Schlafentzug, Gruppengesänge und eine strikte Tagesstruktur die Rekruten zermürbten.

Hak Ja-han: Seit dem Tod des Sektengründers Sun Myung Mun sieht sie sich als legitime Nachfolgerin ihres Ehemannes. (Quelle: imago stock&people/imago-images-bilder)

Aussteiger berichten, keine Kraft mehr gehabt zu haben, um zu widersprechen. Diese Taktiken wurden von Experten als klassische Techniken der Gedankenkontrolle identifiziert, die darauf abzielen, die Persönlichkeit der Mitglieder zu brechen und sie vollständig auf die Sektengemeinschaft einzuschwören.

Mun war nicht nur ein religiöser Anführer, sondern auch ein geschickter Geschäftsmann. Er baute ein Imperium auf, das von Zeitungen wie der konservativen „Washington Times“ über Hotelketten bis hin zu Waffenfabriken reichte. Diese Unternehmen wurden oft durch Spenden und die Arbeit der Mitglieder finanziert. Vollmitglieder der Kirche lebten in Kommunen und gaben ihr gesamtes Einkommen an die Gemeinschaft ab.

Auch in der Politik hatte Mun Einfluss. Eine Reportage der „Neuen Zürcher Zeitung“ beschreibt, wie enge Verbindungen zwischen der Kirche und hochrangigen Politikern – insbesondere in Japan – zu Kontroversen führten.

In Südkorea und den USA suchte er den Kontakt zu konservativen Kreisen. In Japan pflegte die Mun-Sekte enge Beziehungen zur politischen Elite, darunter auch zum ehemaligen Premierminister Shinzō Abe, der 2022 erschossen wurde. Der Attentäter Abes soll auch aus Hass auf die Vereinigungskirche gehandelt haben.

Diese Verbindungen zu Eliten lösten erhebliche öffentliche Kontroversen aus und warfen Fragen über die Verflechtung von Religion und Politik auf. Kritiker vermuten, dass Mun seine finanziellen Mittel nutzte, um politische Förderer zu gewinnen.

Eine Massenhochzeit im Jahr 2013: Seit dem Tod Muns führt seine Ehefrau diese umstrittene Tradition fort. (Quelle: PENTA PRESS via www.imago-images.de/imago-images-bilder)

Ein Markenzeichen der Moonies, wie Mitglieder der Sekte häufig genannt werden, sind ihre Massenhochzeiten, bei denen Hunderte, manchmal Tausende Paare gleichzeitig vermählt werden. Mun persönlich wählte viele der Ehepartner aus. Die Zeremonien sollen laut Mun die Menschheit vereinigen und die Welt von Sünde befreien. Die Partnerwahl erfolgt häufig jedoch vollkommen willkürlich. So heiraten nicht selten Menschen, die nicht einmal dieselbe Sprache sprechen.

Sun Myung Mun starb 2012 im Alter von 92 Jahren. Seitdem ist die Bewegung in mehrere Fraktionen zerbrochen, die alle Anspruch auf seine spirituelle Nachfolge erheben. Während seine Witwe Hak Ja-han weiterhin Massenhochzeiten organisiert, führt einer von Muns Söhnen eine Splittergruppe an, die durch eine Waffenzeremonie mit AR-15-Gewehren internationale Aufmerksamkeit erregte.

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