Über mehrere Jahre soll ein 37-Jähriger einen Jungen mehrere hundertmal sexuell missbraucht haben. Jetzt muss er sich vor dem Landgericht München I verantworten.

Nach rund 40 Minuten ist die Staatsanwältin am Ende ihrer zehnseitigen Anklageschrift angelangt. Die Vorwürfe gegen den 37-jährigen Angeklagten vor dem Landgericht München I wiegen schwer: Ihm wird der sexuelle Missbrauch von Kindern in 24 Fällen, schwerer sexueller Missbrauch von Kindern in 345 Fällen, sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen in 624 Fällen sowie der Besitz kinderpornografischer Inhalte vorgeworfen.

Zum Prozessauftakt hat nach der Staatsanwältin der Angeklagte das Wort. Der 37-Jährige möchte sich am Dienstagvormittag zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft äußern. Sein Verteidiger Werner Kränzlein bittet darum, dass sein Mandant zunächst seine persönlichen Verhältnisse vortragen darf.

Der gebürtige Rosenheimer beginnt damit, von seiner Kindheit und den diversen Augenkrankheiten, unter denen er bis heute leidet, zu erzählen. Seine Eltern hätten sich früh getrennt, mit sechs musste er ins Internat. Dort, erzählt er sichtbar widerwillig, sei er mit zehn Jahren Opfer sexuellen Missbrauchs geworden.

Jahre später, 2007, als der Angeklagte 19 Jahre alt war, habe er dann „den einzigen und ersten Übergriff getätigt“, sagt er. Damals hatte er abends auf einen Sechsjährigen aufgepasst, dessen Familie er aus einem Kindergarten kannte. „Ich kann gar nicht mehr genau sagen, warum ich das gemacht habe“, sagt er vor Gericht aus. Er erzählt, dass er dem Jungen an sein Genital gefasst und anschließend oral befriedigt habe. Für diese Tat bekam er eine zweijährige Jugendstrafe auf Bewährung.

Kurze Zeit darauf, 2010, war er Mitglied auf der Plattform „betreut.de“, über welche die Mutter seines nächsten Opfers ihn als Babysitter engagierte. Anfängliche wöchentliche Treffen entwickelten sich zu einer innigen Beziehung zwischen dem neunjährigen Opfer und dem Angeklagten.

2011 fasste der damals 22-Jährige den Jungen zum ersten Mal an dessen Genital an. Über die kommenden Wochen und Monate steigerten sich die Taten bis zum Analverkehr. Dabei soll der Angeklagte den Minderjährigen in seinem Hochbett vergewaltigt haben.

Zu den Taten sagt er: „Es war definitiv nicht meine Intention, mich in eine Familie einzuschleichen und Kinder zu missbrauchen.“ Er sei selbst auf der Suche nach einer Familie gewesen. „Es tut mir unendlich leid. Das hat mich über Jahre beschäftigt und war immer Thema in meiner Therapie.“

Insgesamt sind sieben Verhandlungstage angesetzt. Am Nachmittag des ersten Verhandlungstages wird neben dem Angeklagten auch noch ein Polizeibeamter aussagen. Ein Urteil dürfte demnach am 25. April fallen.

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