Kritik an Vorstellung des Koalitionsvertrags
„Das mag in einem Bierzelt lustig sein“
Aktualisiert am 10.04.2025 – 11:30 UhrLesedauer: 2 Min.
Nach der Präsentation ihres Koalitionsvertrags sehen sich Union und SPD heftiger Kritik ausgesetzt. Besonders beim Thema Klima wächst der Druck.
Union und SPD haben am Mittwoch ihren 144-seitigen Koalitionsvertrag unter dem Titel „Verantwortung für Deutschland“ vorgestellt. Noch am selben Tag hagelte es Kritik – von der Opposition, von Umweltverbänden und aus den eigenen Reihen.
Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann hat die Positionen zum Klimaschutz im Koalitionsvertrag von Union und SPD als Rückschritt bezeichnet. Bei der Grundgesetzänderung für das Milliarden-Finanzpaket habe es noch eine klare Position zur Klimaneutralität gegeben, „aber jetzt schleifen wir die Klimaziele und bauen Umweltrechte und Schutzstandards für Bürgerinnen und Bürger ab“, sagte sie am Donnerstag im ARD-„Morgenmagazin“.
Die Klimaziele seien „rückschrittlich“, das Erfüllen werde teilweise ins Ausland verlagert und der Kohleausstieg in die Länge gezogen, sagte Haßelmann. „Das ist kein Signal für künftige Generationen.“ Obwohl Union und SPD betonen, sie wollten an den Klimazielen bis 2045 festhalten, warnen Umweltverbände vor einer Aufweichung. Der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt erklärte: „In vielen Bereichen ist ein Rückschlag zu befürchten.“
Video | Eigene Aussage bringt Söder zum Schmunzeln
Grünen-Chefin Franziska Brantner kommentierte: „Diese Koalition hat Geld wie Heu, aber Ideen wie Stroh.“ Weiter kritisierte sie den Auftritt von CSU-Chef Markus Söder bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags. Söder habe sich wie ein „Showmaster“ verhalten, sagte Brantner im Bayerischen Rundfunk. Angesichts der aktuellen Lage sei das unangemessen gewesen.
„Das mag in einem Bierzelt lustig sein, aber wir sind jetzt wirklich in anderen Zeiten“, sagte Brantner. Söder hatte am Mittwoch unter anderem mit einem Vergleich über eine „Duz-Männerfreundschaft“ zwischen Friedrich Merz und Lars Klingbeil für Gelächter gesorgt. Er sprach von einer „nicht ganz freiwilligen Liebesheirat“ und zitierte eine Bauernregel: „Liebe vergeht, Hektar besteht.“
Auch innerhalb der CDU gibt es kritische Stimmen. Nach dem Wahlergebnis von 28,5 Prozent fordert der Chef der CDU-Arbeitnehmervereinigung CDA, Dennis Radtke, eine stärkere Ausrichtung der Partei auf soziale Themen. „Die Wahlergebnisse haben gezeigt: Inhaltlich und personell darf die CDU die Sozialpolitik nicht vernachlässigen“, sagte Radtke der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Er sprach sich dafür aus, das Gesundheitsministerium künftig mit einer „christlich-sozialen Stimme“ zu besetzen – besonders dann, wenn das Arbeits- und Sozialministerium wieder an die SPD fällt. Radtke mahnte, die CDU müsse deutlich machen, „dass Sozialthemen auch unsere Themen sind“. Die Partei dürfe nicht an der Lebensrealität der hart arbeitenden Mitte vorbeigehen. Dafür brauche es ein neues Selbstverständnis und ein anderes Auftreten.
SPD-Generalsekretär Matthias Miersch verteidigte den Koalitionsvertrag gegen Vorwürfe mangelnder Lösungen für die angeschlagenen Sozialsysteme. Fragen zur Rente und Pflege ließen sich nicht in kurzer Zeit lösen. Wichtig sei eine Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent gewesen.
Unter anderem der AOK-Bundesverband hatte am Mittwoch erklärt, es sei „ernüchternd, dass von den ursprünglichen konkreten Vorschlägen zur Entlastung der Kranken- und Pflegeversicherung so gut wie nichts übrig geblieben ist“. Mit Blick auf den Koalitionsvertrag hieß es weiter, konkrete Maßnahmen zur nachhaltigen Stabilisierung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung suche man vergeblich.