Maximilian Krah und Matthias Helferich sind nun Teil der AfD-Fraktion im Bundestag. Trotz heftigen Skandalen und interner Kritik schweigen am Dienstag die anderen 150 Abgeordneten.
Als Tino Chrupalla um 9 Uhr mit einem Glöckchenläuten die konstituierende Sitzung der neuen AfD-Fraktion eröffnet, sitzen Matthias Helferich und Maximilian Krah in der letzten Reihe. Zurückhaltend, eng an der Glaswand. Als seien sie bereit, jederzeit aufzustehen und den Raum mit ihren 150 neuen Kollegen zu verlassen.
Das hat einen Grund: Helferich und Krah sind Problemfälle – und selbst in der problemerprobten AfD sind sie besondere Problemfälle. Fans feiern sie als „stabil“ oder „standhaft“, was in der Szene so viel heißt wie: offen und ohne jedes Entschuldigen rechtsradikal.
Diese Haltung hat zu vielen dokumentierten Skandalen geführt: Flirts mit dem Nationalsozialismus, NS-Verharmlosung, Geschichtsklitterung, Rassismus, und bei dem im Ausland umtriebigen Krah kommen noch Korruptions- und Spionageskandale hinzu. Und was öffentlich sei, sei nur die „Spitze des Eisbergs“, so formuliert es mancher ihrer Parteikollegen unter der Hand – und macht dabei ein Gesicht, als wolle er vom Rest des Eisbergs lieber auch gar nichts wissen.
Ferngehalten hat sich die AfD deswegen zuletzt von beiden. Zumindest so weit, dass es der Partei nicht allzu sehr schaden würde, sollte mehr von dem Eisberg auftauchen: Helferich saß zwar für die Partei im Bundestag, Krah im EU-Parlament, keiner von ihnen aber war Teil der jeweiligen AfD-Fraktion, die in Brüssel „Delegation“ heißt. Die Kontakte blieben eng. Doch nach außen, für Protokoll und Medien, hielt man eben eine Armlänge Abstand.
An diesem Dienstag fällt dieser Sicherheitsabstand. Die AfD nimmt Krah und Helferich in ihrer Sitzung ohne ein Zeichen von Protest oder Bedenken in die Fraktion auf. Und sendet so einmal mehr das Signal, das sie mit doppelter Mannstärke in der gesamten Legislatur ins Parlament tragen dürfte: Rechtsradikal? Ganz normal!
Dabei gibt es durchaus Zweifler und Kritiker in den Reihen der Partei. Noch vor Beginn der Sitzung formulieren sie die Hoffnung, dass es einer wagen wird, den Ausschluss aus der Fraktion vor allem von Helferich zu beantragen. Doch niemand wird aufstehen, niemand wird seinen Mund aufmachen. Bereits eine halbe Stunde nach Chrupallas Glockenläuten ist die Fraktion konstituiert und wählt den neuen Vorstand, der zum großen Teil der alte ist.
Warum alle schweigen? Das hat mehrere Gründe. Erstens: Erfolg. Krah ist in seinem Wahlkreis in Sachsen von den Wählern mit einem hervorragenden Ergebnis von 44 Prozent der Erststimmen direkt gewählt worden. Die sächsische Landesgruppe steht nicht nur, aber auch deswegen geschlossen hinter ihm. „Max, der ist einer von uns“, sagt der sächsische Abgeordnete Steffen Janich in der Mittagspause mit leuchtenden Augen. „100 Prozent. Mittendrin.“
Helferich ist in seinem Landesverband immerhin auf den sehr aussichtsreichen Listenplatz 6 gesetzt worden – obwohl er einen heftigen Machtkampf mit dem Landesvorstand um Martin Vincentz ausficht. Der hat auch ein Parteiausschlussverfahren gegen Helferich gestartet, das noch immer läuft.
Doch schon am Abend zuvor ist Helferich in die Landesgruppe Nordrhein-Westfalen, die den AfD-Verband im Bundestag vertritt, aufgenommen worden. Heftige Diskussionen gab es zwar, lange stritten sie. Doch am Ende hatte Helferich genug Unterstützer – sie verwiesen ihn nicht der Sitzung.
Viele der Kollegen sehen es am nächsten Tag so: Wenn der Wähler und die betroffenen Landesverbände es so wollen – dann sei es nicht Aufgabe der Fraktion, zu intervenieren. Zumal viele nach dem Rekordergebnis am Sonntag auch im Sinne der Fraktion ein Zeichen der Geschlossenheit bevorzugen. Keine schlechten Nachrichten, bitte.