Regierungsbildung
Konsens und Dissens vor neuer Phase der Koalitionsgespräche
Aktualisiert am 26.03.2025 – 14:31 UhrLesedauer: 4 Min.
Die Arbeitsgruppenvorschläge für ein künftiges Regierungsprogramm liegen vor. Nun übernehmen die schwarz-roten Chefverhandler. Sie werden gut zu tun haben. Denn viele Themen sind noch nicht geeint.
Die Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD gehen nach dem Abschluss der Beratungen in den Arbeitsgruppen in die nächste Phase. Vom Freitag an werden sie auf Führungsebene fortgesetzt. Dann kommt die Hauptverhandlungsgruppe in Berlin zusammen, wie die drei Parteien mitteilten. „Vor uns liegt ein hartes Stück Arbeit, aber wir gehen diese Aufgabe weiter lösungsorientiert und konstruktiv an“, erklärten die Generalsekretäre Carsten Linnemann (CDU), Matthias Miersch (SPD) und Martin Huber (CSU).
Grundlage der weiteren Beratungen sind die Ergebnisse von 16 Arbeitsgruppen, die seit dem 13. März Vorhaben für die jeweiligen Themenfelder erarbeitet haben. Der Hauptverhandlungsgruppe gehören 19 führende Vertreter von Union und SPD an, darunter sind auch die Parteivorsitzenden Friedrich Merz (CDU), Markus Söder (CSU) sowie Lars Klingbeil und Saskia Esken für die SPD.
Sie haben einen Berg an Arbeit vor sich. Denn viele Papiere der Arbeitsgruppen enthalten Leerstellen. Ein Überblick:
Die Arbeitsgruppe für Haushalt und Finanzen hat sich dem Vernehmen nach bei kaum einem wichtigen Punkt einigen können. Wird es Steuererhöhungen für Vielverdiener geben? Ab wann soll die im Sondierungspapier vereinbarte Unternehmensteuerreform greifen? Wie geht es weiter mit der Erbschaftsteuer und dem Ehegattensplitting?
In all diesen Fragen müssen nun die Spitzenverhandler ran und Kompromisse finden. Das gilt auch für eine mögliche Übernahme kommunaler Altschulden durch den Bund. SPD und CDU würden das wohl machen, da sie in vielen dieser Kommunen Bürgermeister stellen, die CSU dagegen nicht.
Wesentliche Fragen sind strittig geblieben. Während Bedrohung und Aufgaben wortreich beschrieben werden, gibt es in der Frage eines Nationalen Sicherheitsrates und auch der Wehrpflicht keine Übereinstimmung. Die SPD pocht unverändert auf Freiwilligkeit und will eine gesamtgesellschaftliche Diskussion zur Einführung eines neuen Dienstes. Dagegen hält die Union einen raschen Aufwuchs der Streitkräfte für notwendig und will die Aussetzung der Wehrpflicht beenden.
CDU und CSU wollen auch härter an die Dauerbaustelle Beschaffung ran und einzelne Großprojekte aus dem Beschaffungsamt herauslösen und in eine Agentur überführen. Zudem wollen sie die Möglichkeiten für die Mandatierung von Auslandseinsätzen erweitern.
Ein Streitpunkt ist die Zukunft des Entwicklungsministeriums. Die Union will es ins Auswärtige Amt integrieren, die SPD will es dagegen sogar noch stärken.
Hier gibt es vergleichsweise wenig strittige Punkte: Die Unterhändler sind sich einig, dass die Mietpreisbremse für zunächst zwei Jahre verlängert werden soll. Eine Expertengruppe soll bis Ende 2026 auch ein Bußgeld für Vermieter vorbereiten, die sich nicht an diese Vorschrift halten. Zudem sollen in Gebieten mit engem Wohnungsmarkt Indexmieten stärker reguliert werden, bei denen sich die Kaltmiete an die Inflation anpasst. Das Gleiche gilt für Kurzzeitvermietung und die Vermietung möblierter Wohnungen.
Strittig ist dagegen, ob Mieterhöhungen in bestehenden Mietverträgen stärker begrenzt werden. Die SPD will in angespannten Wohnungsmärkten nur eine maximale Mietsteigerung von sechs Prozent in drei Jahren bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete zulassen. Die Union lehnt eine Verschärfung der sogenannten Kappungsgrenze ab.
Sozialminister Hubertus Heil formulierte es am Wochenende im ZDF so: „Jetzt gilt es hart zu verhandeln, da liegen noch einige Brocken vor uns.“ Die Brocken beim großen Komplex Arbeit und Soziales sind nach wie vor das Bürgergeld und die Rente – beides ist in den Details ungeklärt. Beim Bürgergeld ist dem Vernehmen nach umstritten, wie und gegen wen genau Sanktionen greifen, wenn wiederholt eine Arbeitsaufnahme verweigert wird. Im Sondierungspapier heißt es, dass es im Einzelfall zum „vollständigen Leistungsentzug“ kommen kann.
Beim Thema Rente bleibt nach den Beratungen der Arbeitsgruppe die Frage offen, auf welcher Höhe das Rentenniveau stabilisiert werden soll. Die SPD meint damit das jetzige Rentenniveau von 48 Prozent, die Union sieht Klärungsbedarf auf der politischen Ebene.