Spitzentreffen
Koalition ringt um Einigung bei der Stromsteuer
Aktualisiert am 02.07.2025 – 21:52 UhrLesedauer: 4 Min.
Schon der zweite Koalitionsausschuss hat es in sich. Verfällt das schwarz-rote Bündnis in die Ampel-Muster von Streit und Misstrauen? Oder gelingt ein Durchbruch? Am Abend ist das noch offen.
Kommt bei der Stromsteuer doch noch eine Kehrtwende? Nach mehr als vierstündigen Beratungen war am Abend weiter offen, ob Union und SPD darüber eine Einigung finden. Es geht darum, ob es doch eine Senkung der Stromsteuer für alle geben wird – also auch für private Haushalte sowie alle Unternehmen.
Bisher ist – anders als im Koalitionsvertrag vereinbart – nur eine Entlastung für die Industrie sowie die Land- und Forstwirtschaft geplant. Das sorgt für breite Kritik. Eine vor allem von führenden Unionspolitikern geforderte Einbeziehung aller Verbraucherinnen und Verbraucher würde nach Angaben des Bundesfinanzministeriums im kommenden Jahr rund 5,4 Milliarden Euro zusätzlich kosten. Für deren Finanzierung müsste die Koalition bei anderen Vorhaben Abstriche machen.
Für die Koalition handelt es sich um die erste echte innenpolitische Nagelprobe. Dabei kommt es vor allem auf zwei Protagonisten an. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat bisher zwar eine gute Figur auf der internationalen Bühne gemacht. Nun muss er aber beweisen, dass er auch die Wirtschaft ankurbeln und die Stimmung im Land verbessern kann.
Vor der Sitzung versuchte er die Bedeutung der Sitzung aber herunterzuspielen. „Ob wir als Bundesregierung erfolgreich waren oder nicht, wird in fünf oder in zehn Jahren nicht danach beurteilt, ob wir bei der Stromsteuer das Richtige gemacht haben“, sagte er bei einer Veranstaltung in Berlin. „Sondern es wird danach beurteilt, ob wir für den Erhalt von Freiheit, von Frieden, von Demokratie und offener Gesellschaft in unserem Land das Richtige getan haben.“
Der Vizekanzler und Finanzminister Lars Klingbeil ging nach der Klatsche bei der Wahl zum SPD-Vorsitzenden geschwächt in den Koalitionsausschuss und muss sich neu beweisen.
Der Koalitionsausschuss tagt das zweite Mal seit Amtsantritt der neuen Regierung. Er gilt als zentrales Planungsgremium des Bündnisses von CDU, CSU und SPD und berät mindestens einmal im Monat. Er befasst sich mit „Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung, die zwischen den Koalitionspartnern abgestimmt werden müssen, und führt in Konfliktfällen Konsens herbei“, wie es im Koalitionsvertrag heißt.
Dem Ausschuss gehören zehn Männer und nur eine Frau an, was für viel Kritik gesorgt hat. In der ersten Sitzung war noch Saskia Esken als SPD-Chefin dabei. Diesmal hat deren Nachfolgerin Bärbel Bas ihre Premiere in dem Gremium, die am Wochenende an die Parteispitze gewählt wurde.
Nicht dabei ist diesmal Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU), der den Koalitionsausschuss zusammen mit SPD-Staatssekretär Björn Böhning vorbereitet hat. Frei nahm stattdessen am Sparkassen-Forum in Donaueschingen in seinem Wahlkreis im Schwarzwald teil. Die Veranstaltung sei vor einem Jahr geplant worden – lange vor der Bundestagswahl, hieß es in seinem Umfeld.
Da Frei als Hauptredner vor etwa 1000 Teilnehmern vorgesehen gewesen sei, habe sich das nicht mehr umplanen lassen. Frei ließ sich von Michael Meister vertreten, Staatsminister im Kanzleramt für die Beziehungen zwischen Bund und Ländern.
Das Kabinett hat Entlastungen bei den Energiepreisen zum 1. Januar 2026 auf den Weg gebracht. Die Netzentgelte, ein Bestandteil des Strompreises, sollen gesenkt und die Gasspeicherumlage für Gaskunden abgeschafft werden.
Bei der Stromsteuer soll die Absenkung für die Industrie, Land- und Forstwirtschaft „verstetigt“ werden. Sie soll aber – entgegen der Ankündigung im Koalitionsvertrag – nicht für alle gesenkt werden, also nicht für alle Betriebe sowie für private Haushalte. Das löst breite Kritik bei Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaften und Sozialverbänden aus – aber auch innerhalb der Union. Kritik kam unter anderem von Unionsfraktionschef Jens Spahn und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (beide CDU). Dies sorgte wiederum für Verärgerung in der SPD.
SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf blickte aber vor dem Treffen wieder zuversichtlicher auf den Koalitionsausschuss. „Ich glaube, der Ärger ist schon wieder bisschen verflogen, weil wir jetzt auf einem guten Weg sind, heute auch im Koalitionsausschuss da zu gemeinsamen Lösungen zu finden“, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“. Es sei gut, dass der Bundeskanzler am Montag betont habe, dass es diese Kommunikationsprobleme gegeben habe und man diese nun gemeinsam anpacken wolle. Die Koalition sei „extrem stabil“.