Jahr für Jahr wurden bei einem Volksfest Frauen mit Kuhhörnern gejagt und geschlagen. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft – auch gegen die Polizei.
Die Staatsanwaltschaft Aurich und die Polizeiinspektion Leer/Emden haben aufgrund mehrerer Strafanzeigen Ermittlungsverfahren gegen mutmaßliche Frauenschläger eingeleitet: Den unbekannten Tätern wird vorgeworfen, beim Borkumer Volksfest „Klaasohm“ unter dem Deckmantel des Brauchtums regelrecht Jagd auf Frauen gemacht zu haben.
Die Staatsanwaltschaft spricht vom Verdacht der gefährlichen Körperverletzung: „Teil des Festes ist ein Umzug, bei dem Frauen gefangen und von kostümierten Männern, den Klaasohms, mit Kuhhörnern geschlagen worden sein sollen“, heißt es in einer Mitteilung der Behörde vom Freitag.
Wie viele Anzeigen exakt vorliegen, konnte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft t-online nicht sagen: „In letzter Zeit kamen fast täglich neue hinzu“, erklärte er. Eine dieser Anzeigen betrifft auch die Polizei Borkum. Gegen sie laufe jetzt ebenfalls ein Ermittlungsverfahren, sagte der Sprecher. Im Fokus würden dabei keine bestimmten Beamten stehen, sondern „die Polizei als Ganzes“.
Der Vorwurf lautet auf Strafvereitelung im Amt. Polizisten sollen sich demnach geweigert haben, Anzeigen wegen des gewalttätigen „Klaasohm“-Brauchs aufzunehmen.
Allerdings sei diese Anzeige, wie bisher auch alle anderen, allgemeiner Natur, betonte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. In keinem Fall seien konkrete Tatverdächtige genannt worden. Auch einen genauen Ort oder eine exakte Zeit, zu der die mutmaßlichen Straftaten begangen worden sein sollen, habe kein Anzeigensteller mitgeteilt.
Die Staatsanwaltschaft sucht daher nun nach betroffenen Frauen, die genauere Aussagen machen könnten. Sie sowie weitere Hinweisgeber werden gebeten, sich unter der Rufnummer 0491/976900 bei der Polizeiinspektion Leer/Emden zu melden.
Der Sprecher der Staatsanwaltschaft betonte: Für Insel-Polizisten könnte es auch dann unangenehm werden, wenn ihnen nachgewiesen wird, dass sie als Zuschauer bei einer „Klaasohm“-Veranstaltung zugegen waren und dabei gesehen haben, wie eine Frau geschlagen wurde. In diesem Fall wären sie verpflichtet gewesen, einzuschreiten.
Medienberichte über das Fest, das alljährlich am 5. Dezember begangen wird, hatten in den vergangenen Wochen eine öffentliche Debatte ausgelöst. Der für die Festorganisation verantwortliche Verein Borkumer Jungens 1830 und die Gemeinde Borkum kritisierten die Berichterstattung als verzerrend, räumten aber gleichzeitig ein, dass es „in Einzelfällen auch in den letzten Jahren“ zu den kritisierten Übergriffen auf Frauen samt Kuhhornschlagen gekommen sei.
„Wir können nicht abstreiten, dass dies ein Aspekt des Festes war“, hieß es in einer Stellungnahme. Man werde den „Brauch des ‚Schlagens'“ nun aber vollständig abschaffen.