„Kingdom Come Deliverance 2“ führt Spieler ins mittelalterliche Böhmen zurück. Das Rollenspiel legt Wert auf historische Genauigkeit – ist aber nicht für jeden geeignet.
Sieben Jahre nach dem ersten Teil verfrachtet uns der tschechische Entwickler Warhorse Studios abermals in das mittelalterliche Böhmen des 15. Jahrhunderts. Das Rollenspiel „Kingdom Come Deliverance 2“ knüpft dabei nahtlos an die Geschehnisse seines Vorgängers an. So steht auch diesmal ein gewisser Heinrich von Skalitz im Mittelpunkt des Geschehens, das sich an historischen Ereignissen orientiert – aber dennoch eine fiktive Geschichte erzählt.
Heinrich dient dem Adligen Hans Capon als Beschützer und Knappe. Spieler sind dadurch hautnah dabei, wenn das ungleiche Duo im Verlauf der 50 bis 60 Spielstunden eine Vielzahl meist kriegerischer Abenteuer erlebt.
Das Besondere an „Kingdom Come Deliverance 2“ ist, dass die Entwickler versuchen, die Spielwelt so authentisch wie möglich an den historischen Vorbildern zu orientieren. Das drückt sich zum Beispiel in der absolut sehenswerten Grafik aus, die das mittelalterliche Leben detailliert porträtiert und dabei malerische Landschaften, kleine Orte und Festungen vor unseren Augen entstehen lässt.
Das fast schon starrköpfig anmutende und detailgetreue Umsetzen der Mittelalterumgebung bringt einige spielerische Herausforderungen und Einschränkungen mit, wie etwa das Speicher- und Kampfsystem. So lässt sich der Spielstand nicht bei jeder beliebigen Gelegenheit sichern, sondern nur, wenn man einen virtuellen Schnaps trinkt oder in einem Bett schlafen geht, das einem persönlich zugewiesen wurde. Da es Schnaps nur in begrenzten Mengen gibt (oder selbst gebrannt werden muss) und verfügbare Schlafgelegenheiten rar gesät sind, kann diese umständliche Mechanik durchaus zum Ärgernis werden.
Auch das Kampfsystem, bei dem die Waffen aus der persönlichen Ego-Perspektive geschwungen werden, ist wegen seiner steilen Lernkurve gewöhnungsbedürftig und kann auch nach zahlreichen Spielstunden noch Probleme bereiten – speziell, wenn es gegen mehrere Gegner gleichzeitig geht. Es gibt einige solcher störrischen Mechaniken, wie etwa Schmieden oder Schlösserknacken, die sich als widerspenstig erweisen und nur ihrer selbst Willen den Weg ins Spiel gefunden haben. Diese spielerischen Elemente sind selbst für Rollenspiel-Fans eine Herausforderung, Anfänger dürften sich damit eher schwertun.
Doch trotz der sperrigen Spielmechaniken verbirgt sich hinter „Kingdom Come Deliverance 2“ eine absolute Rollenspielperle. Im Mittelpunkt der packenden Erzählung stehen tatsächlich Charaktere wie Heinrich und Hans, die vor dem Hintergrund eines sich anbahnenden Bürgerkriegs mit persönlichen Schicksalsschlägen zurechtkommen müssen, üble Bösewichte aus dem Weg räumen, Romanzen anbahnen und verzwickte Situationen lösen. Immer wieder stehen Spieler in den Missionen der offenen Spielwelt vor schwerwiegenden Entscheidungen, die den Fortgang des Rollenspiels beeinflussen und oft genug über Leben und Tod von Figuren entscheiden.
Es sind speziell diese vielen kleinen und großen Geschichten, die den Reiz des Rollenspiels ausmachen und der Handlung eine beachtliche Tiefe verleihen. Sie werden in emotionalen – mal ernsten und oft lustigen – Videoabschnitten erzählt und in Dialogen, die den Spieler häufig vor Gewissensentscheidungen stellen: Will man als brutaler Egomane sein Ding durchziehen, oder stellt sich Heinrich schützend vor ein ganzes Dorf, das sonst niedergebrannt wird, weil es ein Adliger eben so entscheidet? Oft geht es nicht einfach um die Wahl zwischen Gut oder Böse, sondern eine Entscheidung, die dem eigenen moralischen Kompass mehr entspricht.