„Aushungern und abschieben“

Hamburg will Geflüchteten alle Leistungen streichen


23.12.2024 – 20:06 UhrLesedauer: 2 Min.

Ein Stift liegt auf einer Broschüre des BAMF (Symbolbild): Hamburg plant, verschärfte Regelungen für Geflüchtete umzusetzen. (Quelle: IMAGO/Hanno Bode)

Hamburg bereitet die Umsetzung verschärfter Asylbestimmungen vor, die Dublin-Geflüchteten alle Geldleistungen streichen. Die Linke wirft dem Senat „Aushungern und Abschieben“ vor.

Ende Oktober hat der Bundestag verschärfte Asylbestimmungen beschlossen: Geflüchtete, die nach dem Dublin-Abkommen über einen anderen sicheren EU-Staat nach Deutschland eingereist sind, werden bis zur Ausreise von staatlichen Leistungen ausgeschlossen. Bedeutet: Es gibt keinen Anspruch mehr auf Sozialleistungen – zuvor waren höchstens Kürzungen erlaubt. Eine Übergangsfrist gilt für bis zu 14 Tage.

Seitdem wird sich um die Frage gestritten, welches Minimum an Lebensstandards den Asylsuchenden noch zu gewähren ist. Eine häufig geäußerte Forderung, unter anderem von FDP-, Unions- und AfD-Vertretern, lautet „Bett, Seife, Brot“ – statt Geld- soll es maximal noch Sachleistungen geben. Rechtlich gilt die neue Regelung umstritten, auch wegen der Frage um das Existenzminimum. Hamburg bereitet die Umsetzung derzeit dennoch im Austausch mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vor.

Die Linksfraktion in der Bürgerschaft wirft dem Senat nun das Prinzip „Aushungern und Abschieben“ vor. „Er laviert und verschweigt, dass er längst Bescheinigungen über die Ausreisepflicht ausstellt und zeitgleich einfach keine Leistungen mehr erbringt. Das ist rechtswidrig und schäbig“, kritisiert die fluchtpolitische Sprecherin Carola Ensslen. Sie sieht in der neuen Regelung eine „staatlich organisierte Kindeswohlgefährdung“. Die Betroffenen dürften weder arbeiten noch einfach ausreisen, und der Senat lasse sie auch noch hungern.

„Die für Inneres zuständige Behörde ist im ständigen Austausch mit dem BAMF. Die für Soziales zuständige Behörde bereitet die Umsetzung der neuen Leistungsregeln vor und tauscht sich mit der für Inneres zuständigen Behörde zur zukünftigen Verwaltungspraxis des BAMF aus“, antwortete der Senat auf eine Anfrage der Linken. Die Überlegungen seien noch nicht abgeschlossen.

Bislang werden BAMF-Bescheide in einem gemeinsamen Termin mit den Geflüchteten zugestellt, geöffnet und erläutert. Dabei soll es bleiben, heißt es vom Senat: Künftig würden in einem solchen Termin auch die Einstellung der Leistungen und die Überbrückungsleistungen erläutert. Wie genau die neue Regelung in Hamburg umgesetzt wird und ob es tatsächlich einen kompletten Leistungsstopp gibt, ist noch unklar – zumindest aber widersetzt sich der Senat dem Beschluss aus dem Bundestag nicht.

„Nach der Einschätzung von Wissenschaft und Bundessozialgericht ist ein vollständiger Leistungsausschluss europa- und verfassungswidrig“, sagt die Linke. „Mit ein bisschen Mut“ könne sich Hamburg ein Vorbild am ebenfalls SPD-regierten Rheinland-Pfalz nehmen: Dort hat die Landesregierung wegen der Kollision mit dem Europarecht verfügt, den Ausschluss der Geldleistungen nicht umzusetzen.

Aktie.
Die mobile Version verlassen