Ex-BVB-Trainer Jürgen Klopp beendet seine Pause, um Fußball-Chef bei Red Bull zu werden. Wirtschaftlich mag sich das lohnen, als Fan blutet einem das Herz. Ein Stück Fußballromantik zerbricht.

Was waren das neulich erst für emotionale Bilder: Jürgen Klopp steht in BVB-Kleidung und mit „Pöhler“-Kappe vor der Dortmunder Südtribüne, packt noch einmal die legendäre Säge aus und alle, wirklich alle Fans im Stadion feiern. „Echte Liebe“ eben, wie früher, in der guten, alten Meisterzeit. Kurz zuvor ist er in Liverpool zurückgetreten, die Energie fehle ihm und er wolle Pause machen, sagte er.

Man bekam fast das Gefühl, dass er ganz bewusst die Zuneigung seiner BVB-Fans gesucht habe, dass das eine Art „Medizin“ für einen echten Fußballromantiker sei. Jürgen Klopp ist schließlich genau so einer – die vollbärtige und breit grinsende Antithese zu herzlosen Investorenvereinen. Oder etwa nicht?

Er wird Anfang September schon gewusst haben, wohin seine Reise geht. Im Januar tritt Jürgen Klopp als weltweiter Chef der Fußballabteilung von Red Bull an, dem nicht nur unter BVB-Fans höchst unbeliebten Brausekonzern. „Head of Global Soccer“ heißt sein Amt. Jürgen Klopp soll dann den Fußball als Teil eines großen Marketingplans weiter pushen.

In Mainz, Dortmund und Liverpool hat er es mit seiner Art und Weise zur Legende geschafft. Ein „Head-of-Global-irgendwas“ war bei keinem dieser Vereine ein entscheidender Teil der Identität und des Erfolgs. Zum „Pöhler“-Image passt so eine Berufsbezeichnung ohnehin nicht.

Für Red Bull ist Jürgen Klopp ein Traum. Der Konzern kommt mit seinen Fußballambitionen nicht so richtig nach vorn: In Österreich ist RB Salzburg aktuell nur Nummer 2 hinter Sturm Graz, in Deutschland war RB Leipzig noch nie ein echter Meisterkandidat. Klar, dass solch ein Projekt die Kompetenzen eines Klopp dringend gebrauchen kann.

Zumal „Kloppo“ längst eine etablierte Marke ist: Kein Werbeblock vergeht noch ohne sein Gesicht. Man mag ihn schließlich, und davon bekäme der Bullenkonzern offensichtlich nur zu gern ein Stück ab.

Auf der anderen Seite war der Fußballtrainer Jürgen Klopp so etwas wie die letzte Hoffnung für all diejenigen, die den Sport und dessen Traditionsvereine so sehr lieben. „Kloppo“ war immer sympathisch, nahbar, emotional, greifbar, menschlich, eben einfach „einer von uns“. Man musste kein Fan seiner Vereine sein, um ihm zuzujubeln und viel Erfolg zu wünschen. Er hat den BVB zum großen Bayern-Konkurrenten geformt und an Europas Spitze trainiert. Er hat junge Spieler wie Marco Reus oder Mats Hummels aufgebaut, die eine Ära geprägt haben. Jürgen Klopp hat dem Fußball gutgetan.

Mainz, Dortmund, Liverpool – was kann danach noch Größeres kommen? Nichts. Das hat Klopp selbst immer wieder gesagt. Sein Rücktritt vor wenigen Monaten war authentisch, weil man wusste: Hier endet gerade eine große Trainerkarriere, und er hat sich ganz bewusst dafür entschieden.

Nur vier Wochen nach seinem wohl letzten großen Auftritt als BVB-Held scheint das alles vorbei zu sein. Einen Job bei den Bayern hätte man ihm irgendwann vielleicht noch halbwegs verziehen. Aber ausgerechnet beim verhassten „Klassenfeind“ Red Bull, der für Plastikklubs ohne Fans, ohne Leidenschaft und ohne Werte steht? Gegen den die BVB-Fans regelmäßig laut und deutlich protestieren? Nein. Das kostet viele Sympathien. Es tut weh, denn das Denkmal Jürgen Klopp entzaubert sich selbst. „Echte Liebe“ ist das Motto des BVB. Es bleibt nur ein Traum. Geld regiert im Fußball einfach alles, sogar einen Jürgen Klopp.

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