Clip hunderttausendfach geklickt

Video verdreht Wahrheit über angebliche Gruppenvergewaltigung


16.01.2025 – 23:13 UhrLesedauer: 2 Min.

Festgenommener Mann vor einem Streifenwagen (Symbolfoto): Ein Fall aus Frankfurt-Zossenheim erregt die Gemüter. (Quelle: Fotostand/imago)

Ein Instagram-Video zu einem Frankfurter Gerichtsfall erreicht eine enorme Reichweite. Was kaum jemand weiß: Die Geschichte entspricht nicht der Realität.

Ein Video mit verstörenden Details zu einem angeblichen Gewaltverbrechen in Frankfurt verbreitet sich in diesen Tagen massiv auf Instagram. Fast 11.000 Likes und über 4.000 Kommentare sammelte der Beitrag in nur zwei Wochen. Mehreren Hunderttausend Nutzern wurde das Video bereits angezeigt.

Eine computergenerierte Frauenstimme berichtet darin von einer 18-Jährigen, die über eine Dating-App ein verhängnisvolles Treffen vereinbart haben soll. Das Problem: Die meisten Details in dem Video sind erfunden.

Zwar gab es tatsächlich einen Fall, der im Dezember 2024 vor dem Amtsgericht Wiesbaden verhandelt wurde. Eine junge Frau hatte zwei Männern vorgeworfen, sie Mitte 2021 zu sexuellen Handlungen genötigt und vergewaltigt zu haben. Die Tat soll sich in Frankfurt-Sossenheim ereignet haben.

Die im Video geschilderten Details entsprechen jedoch nicht der Wahrheit. Nach Auskunft des Wiesbadener Amtsgerichts wurden die Angeklagten sogar freigesprochen – eine Information, die das Video unterschlägt. Die Vorsitzende Richterin hatte erhebliche Zweifel an der Schilderung der Anklägerin.

Das Hessische Innenministerium bestätigte auf Anfrage des Hessischen Rundfunks, dass das Video den Behörden bereits bekannt sei. Nach Einschätzung des Ministeriums sei zwar kein „extremistischer Inhalt oder eine gezielte Einflussnahme auf die Bundestagswahl“ offenkundig. Allerdings gehe man davon aus, dass im Vorfeld der Wahl verstärkt Desinformation verbreitet werde.

Der Anwalt des mutmaßlichen Opfers, Ulrich Warnke, kritisierte gegenüber dem Hessischen Rundfunk das Video scharf. Er bezeichnet es als „Frechheit“ und betont: „Da hat sich jemand den Fall geschnappt, um ihn willkürlich zu verzerren.“ Warnke ist weiterhin von den Angaben seiner Mandantin überzeugt, verzichtete aber auf Rechtsmittel gegen das Urteil.

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