Verengungen im Schultergelenk können starke Schmerzen verursachen. Wie sich das sogenannte Impingement-Syndrom äußert und wie es behandelt wird.

Schulterschmerzen schränken die Bewegung erheblich ein und erschweren den Alltag. Nicht immer sind Entzündungen oder Verletzungen die Ursache. Manchmal sind auch Verengungen im Gelenk schuld daran.

Das ist der Fall beim Impingement-Syndrom. Wie es sich äußert, wie es behandelt wird und wann eine Operation sinnvoll ist.

Beim Impingement-Syndrom, auch Engpass-Syndrom oder Schulterengpass-Syndrom genannt, handelt es sich um eine Engstelle im Schultergelenk.

Die Verengung betrifft Muskeln (Rotatorenmanschette), Sehnen (Supraspinatussehne) und Nerven unter dem Schulterdach (Akromion), genauer: im Subakromialraum, dem Raum zwischen Schulterdach und Oberarmkopf. Gewebestrukturen werden bei bestimmten Bewegungen eingeklemmt und können sich nicht mehr frei bewegen.

„Durch die Enge zwischen Schulterdach und Oberarmkopf schlägt der Kopf des Schultergelenks, wie der Name schon andeutet (engl. ‚to impinge‘ = anschlagen, aufprallen), bei der Seitwärtsbewegung des Armes an das Schulterdach“, erklärt Privatdozent Dr. Bastian Marquaß, leitender Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin der Gelenk-Klinik-Gundelfingen. „Dadurch kommt es zu einer Reizung und Degeneration von Sehnen und Schleimbeuteln.“ Schmerzen entstehen und die Bewegung ist zunehmend eingeschränkt. Die andauernde Reibung kann chronische Entzündungsprozesse in Gang setzen und Risse in Sehnen und Bänden begünstigen.

Die Hauptursache für das Impingement-Syndrom ist eine Fehlstellung des Oberarmkopfes in der Pfanne, ein sogenannter Humerus-Hochstand. Häufig ist die ungünstige Form des Schulterdachs erblich bedingt. Doch auch überlastungsbedingter Verschleiß sowie Kalkablagerungen gehören zu den Auslösern.

„Oftmals verursacht auch eine Schleimbeutelreizung oder eine subakromiale Spornbildung – das ist ein knöcherner Anbau am Schulterdach – die Enge im Schultergelenk und die damit verbundenen Schmerzen durch das Einklemmen der Sehnen“, so der Experte.

Dr. Bastian Marquaß, Leitender Facharzt der Gelenk-Klinik Gundelfingen (Quelle: Thomas Hansmann)

Privatdozent Dr. Bastian Marquaß ist Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin an der Gelenk-Klinik Gundelfingen. Seine Behandlungsschwerpunkte sind neben der Sportmedizin primär Schulter-, Knie- und Ellenbogenschmerzen.

Mediziner unterscheiden zwei Arten des Impingement-Syndroms:

  • Primäres Outlet-Impingement-Syndrom: Auslöser sind Bildungen von knöchernen Strukturen im Schultergelenk, etwa aufgrund von degenerativen Prozessen (Verschleiß) im Gelenkspalt, Schulterverletzungen oder durch die Bildung eines Knochensporns.
  • Non-Outlet-Impingement-Syndrom: Auslöser ist eine nicht-knöcherne Veränderung im Schultergelenk, etwa eine Entzündung des Schleimbeutels (Bursitis) oder Fehlstellung des Oberarmkopfes. Auch Verletzungen der Sehnen können den Engpass verursachen.

Schätzungen zufolge leiden etwa zehn Prozent der Bevölkerung in Deutschland im Laufe des Lebens unter einem Impingement der Schulter – meist um das 50. Lebensjahr herum. Besonders Sportler und Menschen, die viel über Kopf arbeiten, sind betroffen, etwa Volleyballer, Maler, Flugzeugmechaniker oder Handwerker.

„Die Schulter ist das beweglichste, aber auch das instabilste Gelenk des menschlichen Bewegungsapparates. Im Gegensatz zu den meisten anderen Gelenken gewährleisten hier nicht primär die Knochen die Stabilität, sondern vor allem Bänder und Muskeln“, erklärt Marquaß. „Durch den komplexen Aufbau auf engem Raum ist das Schultergelenk sehr anfällig für Schädigungen wie das Impingement-Syndrom.“

Ist der Schmerz im Schultergelenk auf das Impingement-Syndrom zurückzuführen, bemerken die Betroffenen in Ruhe kaum etwas. Der stechende Schmerz im Gelenk setzt vor allem dann ein, wenn Bewegungen über Kopf ausgeführt werden oder wenn schwer gehoben wird, etwa Kisten oder Einkaufstaschen.

„Besonders das seitliche Heben des Arms oder das Ausstrecken nach hinten führt zu Beschwerden. Auch das Liegen auf der betroffenen Seite wird in der Regel als sehr unangenehm empfunden“, sagt Marquaß. „Durch den Schmerz kommt es zu Bewegungseinschränkungen. Die Betroffenen versuchen, die Schulter zu schonen.“

Wie bereits erwähnt, begleitet nicht selten eine Schleimbeutelentzündung das Impingement-Syndrom. Diese verstärkt die Schulterschmerzen. Zum einen durch die Entzündung selbst.

Zum anderen, weil sie zu Verwachsungen führen kann, welche die Bewegungsfähigkeit zusätzlich einschränken. Wer die Schulter schont, bringt einen Teufelskreis in Gang: Bewegungsmangel hat einen Rückgang der Muskulatur (Rotatorenmanschette) zur Folge und das Schultergelenk verliert weiter an Stabilität.

Unbehandelt kann das Impingement-Syndrom zu erheblichen Schäden im Gelenk führen. Folgen können zum Beispiel Verletzungen, Nervenschäden, ein verstärkter Verschleiß, ein Absterben von Gewebe sowie Entzündungsprozesse sein. „Die Beweglichkeit des Schultergelenkes kann im Verlauf des Impingements deutlich abnehmen, was als sekundäre Schultersteife oder Frozen Shoulder bezeichnet wird“, sagt Marquaß.

„Auch können die Schmerzen irgendwann so stark werden, dass die Betroffenen deutlich in ihrem Alltag eingeschränkt sind, etwa kein Auto mehr fahren können. Auch können Schmerzen im Nacken und in der Halswirbelsäule hinzukommen.“

Im ersten Schritt wird versucht, die Beschwerden auf konservative Weise zu behandeln, unter anderem mit:

  • muskelstärkender und Gelenkspalt vergrößernder Physiotherapie,
  • der Vermeidung kritischer Bewegungen,
  • der Einnahme schmerzlindernder und entzündungshemmender Medikamente,
  • dem Spritzen von Kortison in das Gelenk,
  • der Anwendung von Stoßwellentherapie.

Die konservative Therapie kann allerdings nur die Symptome lindern. Die Ursache behandelt sie nicht. „Kommt es trotz mehrmaliger konservativer Therapie mit krankengymnastischen Übungen, Akupunktur oder Stoßwellentherapie zu wiederholten Rückfällen, so kann eine operative Versorgung überlegt werden.

Im Einzelfall ist das abhängig von der Ursache der Schulterschmerzen“, so der Facharzt für Orthopädie. „Alle operativen Verfahren zielen darauf ab, die Enge unter dem Schulterdach zu beseitigen.“

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