Deutschland sollte nach Ansicht von Hendrik Wüst auf Neuwahlen zusteuern. „Die Ampel muss regieren oder sie muss die Regierung einstellen“, sagte er bei „Illner“.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) stellt der Ampel nach dem Exit der Grünen-Spitze und den jüngsten Landtagswahlen im Osten ein Ultimatum. „Es gibt zwei Möglichkeiten“, sagte er am Donnerstagabend bei „Maybrit Illner“. „Entweder diese Ampel kommt noch einmal in einen Arbeitsmodus und kriegt noch mal ein paar große Dinge hin oder sie muss aufhören. Weil, sonst nimmt der Vertrauensverlust zu.“

  • Hendrik Wüst, Ministerpräsident Nordrhein-Westfalen
  • Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommern
  • Katharina Dröge (Bündnis 90/Die Grünen), Vorsitzende der Bundestagsfraktion
  • Ruud Koopmans, Migrationsforscher Humboldt-Universität
  • Melanie Amann, stellvertretende „Spiegel“-Chefredakteurin

Der NRW-Regierungschef erwartete bei „Illner“ nicht, dass Rot-Grün-Gelb vor der Bundestagswahl das Ruder herumreißen kann. Seine Forderung für diesen Fall lautete: Neuwahlen. „Die Ampel muss regieren oder sie muss die Regierung einstellen und das Mandat wieder zurückgeben an die Menschen im Leben, das sie neu wählen kann“, sagte der Christdemokrat. Er bezweifelte jedoch, ob die FDP die Koalition vorzeitig verlassen wird.

Wüst kritisierte, der Dauerstreit in der Bundesregierung lähme auch die Arbeit des Parlaments. „Mit wem soll eine Union im Deutschen Bundestag zusammenarbeiten, wenn die Ampel nicht mal selber einig ist“, kritisierte Wüst.

Melanie Amann, stellvertretende „Spiegel“-Chefredakteurin, attestierte den Liberalen in diesem Zusammenhang einen seltsam fehlenden „Exit-Druck“. Trotz der anhaltenden Wahlniederlagen werde Parteichef Christian Lindner intern nicht infrage gestellt: „Außer Wolfgang Kubicki meldet sich sowieso niemand zu Wort.“

Der NRW-Ministerpräsident sprach von „schockierenden“ Ergebnissen bei den zurückliegenden drei Landtagswahlen sowie bei der Europawahl. „Wie kriegen wir die AfD runter?“, müsse nun die zentrale Frage sein, forderte er bei „Illner“. Dies wird laut Wüst nur mit Sachthemen gelingen, insbesondere im Bereich Migration. Er nannte sein kürzlich vorgestelltes Sicherheitspaket „eine Spitze gegen die Ampel, die keinen ausreichenden Konsens herstellt für mehr Konsequenz in der Asylpolitik“.

Wüst warnte davor, Wahlsiege wie den von Dietmar Woidke (SPD) in Brandenburg über die AfD zur Dauerlösung zu machen. Es könne „nicht Sinn von Demokratie sein“, dass Menschen nur deshalb eine Partei wählten, um die AfD zu verhindern.

Wüst plädierte bei „Illner“ für die Drittstaatenlösung. Es werde jedoch dauern, bis positive Effekte zu sehen sein könnten. Dem widersprach der Migrationsforscher Ruud Koopmans von der Humboldt-Universität zu Berlin. Das könne sehr schnell gehen und eine Lösung in dieser „Krise der Demokratie“ bringen, sagte er. So habe der Asylkompromiss von 1993 sehr effektiv sowohl gegen illegale Migration als auch Rechtsextremismus gewirkt. Die AfD könne dauerhaft nur durch Lösungen in der Migrationspolitik geschwächt werden, sagte der Professor für Soziologie und Migrationsforschung.

Doch können die Grünen tatsächlich eine Drittstaatenlösung mittragen? Migration drohe zum „Spaltungsthema“ für die Partei zu werden, warnte Amann. Nach dem angekündigten Rücktritt der Grünen-Parteivorsitzenden sah die „Spiegel“-Journalistin keinesfalls Ruhe in der Partei eingekehrt. Die stehe vielmehr vor einer noch offenen Richtungsentscheidung: „Wie sehr will sie die Robert-Habeck-Partei sein?“

Der Wirtschaftsminister wolle aus den Grünen keine Habeck-Partei machen, widersprach dessen Parteifreundin und Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge. Habeck sei ein „moderner Mann, der teamorientiert“ arbeite, nehme aber aufgrund seiner Position als Vizekanzler von Natur aus eine zentrale Rolle in der Partei ein.

Amann erwartete bei Illner dennoch, dass die Grünen nun sogar zu einem noch komplizierteren Koalitionspartner für SPD und FDP werden könnten. Denn Vizekanzler Habeck stünden mehr Kämpfe mit der eigenen Partei bevor. Außerdem sei unklar, wie die neue Parteispitze aussehen werde.

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