Helene Fischer veröffentlicht ein Album mit 25 Kinderliedern – und am Ende gerät nur eines davon in die Schlagzeilen. Was steckt hinter der angeblichen Aufregung?

Helene Fischer wolle mit ihrem neuesten Album den „logischen nächsten Schritt“ in ihrer Karriere gehen, sagte die Sängerin vor einigen Wochen. „Die schönsten Kinderlieder“ heißt die Platte, die seit vergangenem Freitag auf dem Markt ist und die Fischer als ihr „Herzensprojekt“ beschreibt. Für sie als Mutter habe es eine besondere Motivation bedeutet, Klassiker wie „Backe, backe Kuchen“ oder „La-Le-Lu“ neu zu interpretieren, so die 40-Jährige weiter.

Über die meisten der 25 Lieder wird seit der Veröffentlichung kaum ein Wort verloren. Nur stellenweise üben Fans Kritik, es sei ziemlich unkreativ, altbekannte Lieder neu aufzunehmen – ohne auch nur eine einzige, eigene Kreation beizusteuern. Mehr dazu lesen Sie hier.

Lediglich das Lied „Aramsamsam“ erregt abseits der normalen Album-PR Aufmerksamkeit. Von „Ärger wegen ihres Kinderlieder-Albums“ ist in einigen Medien zu lesen, der „Berliner Kurier“ schreibt von einer „Shitstorm-PR“ und das Portal „Schlager.de“ versieht einen Artikel zu dem Thema mit der Überschrift: „Jetzt ist die Sprachpolizei hinter ihr her.“

Doch stimmt das? Auf Helene Fischers Instagram-Account ist es verhältnismäßig ruhig. Ein Fan fragt aufgrund der Berichterstattung gar: „Wo sind jetzt die ganzen kritischen vielen Kommentare, die meine Tageszeitung erwähnt hat?“ Andere Kommentatoren schließen sich an, monieren, die Aufregung nicht nachvollziehen zu können.

Was also steckt dahinter? Richtig ist, dass das Lied „Aramsamsam“ in der Vergangenheit Diskussionen ausgelöst hat. Aufgrund seiner Entstehungsgeschichte befördere es rassistische Stereotype, so der Vorwurf. „Aramsamsam“ sei ein arabisches Lied, das im marokkanischen Dialekt gesungen werde, heißt es in dem Werk „Islam zwischen Selbstbild und Klischee, eine Religion im österreichischen Schulbuch“. Darin erfährt man, dass die Phrase „ram sam sam“ keine erkennbare Bedeutung habe, andere Wörter hingegen schon. So könnte die Zeile „Guli guli guli“ mit „sags mir, sags mir, sags mir“ übersetzt werden. Außerdem bedeute das Wort „A rafiq“ so viel wie „ein Freund, ein Begleiter“.

In vielen Medien wird dieser Tage der Musikethnologe Dr. Nepomuk Riva zitiert, der im Jahr 2021 in einem Interview mit dem Klett-Verlag darauf hingewiesen hatte, einige Kinderlieder könnten problematische Klischees enthalten. Er empfahl damals, „problematische Liedzeilen umzutexten oder im Zweifel in Schulen oder Kitas nicht mehr zu singen“.

Dabei bezog er sich jedoch auf Lieder wie „Die Affen rasen durch den Wald“ oder „Drei Chinesen mit dem Kontrabass“. Zwei Songs, die nicht auf Helene Fischers Album enthalten sind. „Aramsamsam“ erwähnte Riva in diesem Interview nicht explizit. Später gab er allerdings in einem anderen Gespräch mit der „Deutschen Welle“ an, dass das lautmalerische Lied, welches die arabische Sprache nachahme und beim dazugehörigen Tanz auch Gebetsgesten von Muslimen aufgreife, durchaus problematisch sei.

„Diese Nachahmung einer Sprache oder Fantasieren über eine fremde Kultur war vielleicht in Zeiten noch nachvollziehbar, in denen es wenig direkten Austausch gab“, argumentierte Musikethnologe Riva im Februar 2022. Heute säßen in fast jeder Kita und Grundschule Kinder mit asiatischen, arabischen oder afrikanischen Elternteilen. „Die werden dann später mit diesen Liedern aufgezogen oder gemobbt, es gibt da so viele Beispiele“, so Riva.

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Dass das Lied „Aramsamsam“ umstritten ist, ist vielen Eltern und erst recht vielen Kleinkindern allerdings gar nicht bewusst. Im Gegensatz zu offensichtlicheren Beispielen wurde offenbar lange hinter der lautmalerischen Sprache des Lieds kein strittiger Hintergrund vermutet. Dass Kritiker den Song als Verballhornung der arabischen Sprache und den Tanz als Belustigung über islamische Gebetsgesten sehen, rückt nun mit der Neuinterpretation von Helene Fischer erst merklich ins Bewusstsein – und führt in der Folge zu einer erhöhten Medienberichterstattung.

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