Ausnahmezustand in Angarsk

Minus 37 Grad – 167.000 Menschen ohne Heizung


10.12.2025 – 12:36 UhrLesedauer: 3 Min.

Stromübertragungsleitungen auf dem Gelände eines Wasserkraftwerks in der Region von Angarsk: Die Energieinfrastruktur in Russland ist in kritischem Zustand. (Quelle: Bulkin Sergey/imago-images-bilder)

Ein Unfall legt das größte Heizkraftwerk in Angarsk lahm. In der sibirischen Stadt müssen 167.000 Menschen bei eisigen Temperaturen ohne Heizung ausharren.

Seit dem 8. Dezember gilt in der russischen Stadt Angarsk der Notstand. Rund 167.000 Menschen müssen bei extremen Minusgraden ohne Heizung auskommen. Nach aktuellen Wetterprognosen wird an diesem Mittwoch die gefühlte Temperatur auf minus 37 Grad fallen.

Grund für den Ausfall der Fernwärmeversorgung ist ein Unfall im Heizkraftwerk TETs-9 am 7. Dezember, teilte der Bürgermeister der Stadt mit. In der Folge kam es in 1.546 Mehrfamilienhäusern zu Einschränkungen in der Wärmeversorgung. Auch 121 soziale Einrichtungen wie Kindergärten und Schulen blieben ohne Heizung. Nach Angaben der Stadtverwaltung leben rund 217.000 Einwohner in Angarsk.

Zwei Kessel des Kraftwerks konnten inzwischen repariert werden und laufen wieder, teilte der Gouverneur der Region Irkutsk, Igor Kobsew, am Dienstag mit. Der dritte Kessel soll am Samstagabend folgen. Die Temperatur des Fernwärmewassers konnte seinen Angaben zufolge wieder auf 100 Grad erhöht werden – der Normalwert liegt bei 125 Grad. Die vollständige Wiederherstellung werde für die zweite Tageshälfte dieses Mittwochs erwartet, so der Gouverneur.

Einwohner von Angarsk klagen aber nach wie vor über eine unzureichende Wärmeversorgung. Die Situation in der Stadt sei kritisch, berichtet die unabhängige Zeitung „Nowaja Gaseta Europa“. Die Heizkörper in den Häusern seien nur lauwarm, zusätzliche Heizgeräte würden bei dieser Kälte nicht helfen, und die Temperaturen in den Wohnungen lägen nur zwischen 14 und 17 Grad, berichteten mehrere Einwohner. In den sozialen Netzwerken hagelt es Kritik: „Komisch – dabei hieß es doch, Europa werde frieren“, kommentierte eine Einwohnerin von Angarsk die Lage mit Ironie.

Die Probleme in Angarsk sind nicht neu. Bereits im Oktober wurde in der gesamten Region die Alarmbereitschaft ausgerufen – wegen Energiedefiziten und Risiken für die Infrastruktur.

Laut dem Betreiber des Heizkraftwerks in Angarsk, der Baikal-Energiegesellschaft, sind über 75 Prozent der Wärmenetze verschlissen, teilweise zu 100 Prozent. Das Durchschnittsalter der Leitungen liege bei 35 Jahren – empfohlen sind maximal 25 Jahre. Die Kessel und Turbinen im Kraftwerk sind demnach im Schnitt 53 Jahre alt. Damit wäre die Lebensdauer der Segmente in vielen Fällen überschritten.

Ein zusätzlicher Belastungsfaktor ist laut Behörden der sprunghaft gestiegene Stromverbrauch – teilweise verursacht durch illegales Krypto-Mining. Der Chef des regionalen Stromversorgers erklärte, dass der Verbrauch in der Region jedes Jahr um zehn Prozent steigt. Dies belaste die Stromnetze zusätzlich.

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