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In Stuttgart stellt aktuell die Wohnmobile-Branche ihre Neuheiten aus, darunter die taumelnde deutsche Traditionsfirma Knaus Tabbert. Deren Zukunft ist ungewiss.

Auf der Caravanmesse CMT in Stuttgart tummeln sich derzeit Hersteller von Wohnwagen und Wohnmobilen aus aller Welt. Darunter auch eine Firma aus Niederbayern, die auf 80 Jahre Expertise zurückschauen kann: Knaus Tabbert. Die Mission lautet, neue Kunden zu gewinnen.

Das hat die Firma dringend nötig. Denn nach einem fulminanten ersten Corona-Jahr 2020, in dem der Camping-Boom in Europa Einzug hielt und sich Knaus Tabberts Absatzzahlen verdoppelten, strauchelt das Unternehmen. Die Aktie steht mit rund 13 Euro so niedrig wie nie. Was war passiert?

Mitten in der Pandemie, im Herbst 2020, ging das Unternehmen an die Börse – ein mutiger Schritt. Doch von Beginn an wurden weniger Aktien verkauft als gedacht, zu einem niedrigeren Preis als erhofft. Das lag einerseits wohl an einem skeptischen, pandemischen Umfeld. Doch es kam auch nicht gut an, dass die damaligen Aktionäre, der Finanzinvestor HTP und die Beteiligungsfirma Palatium, die meisten Erlöse des Börsengangs einsteckten. Diese beiden Firmen verkauften Aktien aus ihrem Besitz.

Zumindest liefen die Geschäfte mit Wohnmobilen weiter gut. Bis April 2021 stieg die Aktie auf ihren Rekordwert von 73 Euro.

Nach der Pandemie wurde es schwer

Im Laufe der Pandemie ebbte der Boom ab, weniger Menschen kauften Wohnmobile. Dazu kam, dass die Reiserestriktionen erst gelockert und dann aufgehoben wurden. So hatten Urlauber wieder die Auswahl zwischen verschiedensten Reiseformen und buchten vermehrt Flüge, statt sich einen teuren Camper anzuschaffen. Für Knaus Tabbert mit 4.000 Mitarbeitern sowie Standorten in Deutschland und Ungarn bedeutet das seitdem: eine veritable Absatzkrise. Zweimal senkte das Unternehmen im vergangenen Jahr seine Umsatzprognosen.

Als das Unternehmen Mitte November 2024 die vorübergehende Schließung einiger Produktionsstandorte verkündete, brach die Aktie um 33 Prozent auf 13,12 Euro ein. Gemessen an ihrem Rekordkurs 2021 hat sie bis heute rund 80 Prozent an Wert verloren.

Doch das blieb nicht das einzige Problem des Wohnmobilherstellers. Die Staatsanwaltschaft ermittelt: Zwei damalige Vorstandsmitglieder stehen unter dem Verdacht der Korruption. Sie sollen Zulieferer bei der Auftragsvergabe bevorzugt und dafür Bestechungsgeld erhalten haben. Ende November kam es zu einer Durchsuchung der Geschäftsräume.

(Quelle: Rüdiger Jürgensen)

Antje Erhard arbeitet seit rund 20 Jahren als Journalistin und TV-Moderatorin. Ihr Weg führte sie von der Nachrichtenagentur dpa-AFX u. a. zum ZDF. Derzeit arbeitet sie für die ARD-Finanzredaktion in Frankfurt und berichtet täglich, was in der Welt der Börse und Wirtschaft passiert.

Im Dezember dann wurde die Staatsanwaltschaft erneut tätig: Betrug und strafbare Werbung lautet der Vorwurf. Bestimmte Fahrzeuge von Knaus Tabbert sollen ein höheres Gewicht haben als erlaubt. 3,5 Tonnen sind hier die magische Marke. Offenbar haben es die Entwickler angesichts immer höherer Sicherheitsrichtlinien und Komfortfeatures aber nicht geschafft, das Gewichtslimit einzuhalten. Knaus Tabbert soll, so der Vorwurf, also Fahrzeuge verkauft haben, die schwerer waren. Kein triviales Problem.

Denn wer nach 1999 einen Führerschein Klasse B gemacht hat, darf Fahrzeuge bis maximal 3,5 Tonnen Gewicht fahren. 80 Prozent der Wohnmobil-Käufer greifen zu einem solchen Fahrzeug, für schwerere Camper benötigt man einen Lkw-Führerschein, und es gelten andere Regeln bei Maut, Tempolimits und Steuern. Wer offiziell mit einem 3,5-Tonner unterwegs ist, aber bei einer Verkehrskontrolle mit zu viel Gewicht erwischt wird, muss mit empfindlichen Bußgeldern bis hin zur Stilllegung des Wohnmobils rechnen. Wie viele Fahrzeuge betroffen sind, welche Gefahren für Fahrer bestehen, wie teuer ein eventueller Rückruf wird, ist offen.

Zwei Razzien innerhalb weniger Wochen – das geht an die Substanz. Das Unternehmen hat Rückstellungen gebildet, für drohende Schadenersatzforderungen, und ein Sparprogramm verkündet. Zwei Vorstände wurden entlassen, Zulieferern gekündigt, Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. Betriebsbedingte Kündigungen dürften kommen. Eine Dividende wird es im kommenden Jahr voraussichtlich nicht geben. Reicht das für eine Kurskorrektur?

Schwer zu sagen. So ein Vertrauensverlust wiegt schwer. Andererseits werden Wohnmobile wieder beliebter. Junge Leute tun sich als Zielgruppe auf. Das zweite Zuhause auf Rädern hat sein staubiges Image von früher abgelegt. In Zeiten von Workation sind Wohnmobile eine mögliche Reisealternative für die Zukunft. Nach zwei schwachen Jahren 2022 und 2023 wurden im vergangenen Jahr 2024 gut 73.000 Wohnmobile in Deutschland zugelassen – ein Plus von neun Prozent.

Aktie.
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