Zum Jahrestag am 7. Oktober
Hamas-Massaker: Hunderte bei Demos – Stimmung aufgeheizt
06.10.2024 – 16:50 UhrLesedauer: 3 Min.
Die Polizei in Berlin ist in diesen Tagen besonders gefordert: Zum Jahrestag des Hamas-Massakers in Israel lösen mehrere Proteste und Gedenkveranstaltungen aufgeheizte Stimmung aus.
Bei Kundgebungen und Demonstrationen haben in Berlin Hunderte Menschen bereits vor dem Jahrestag am 7. Oktober an das Hamas-Massaker in Israel und den Gaza-Krieg erinnert. Den größten Zulauf hatten dabei propalästinensischen Proteste, bei denen die Stimmung aufgeheizt war.
Verglichen mit anderen Demonstrationen in Europa waren die Teilnehmerzahlen in Berlin und andernorts in Deutschland zunächst relativ gering. So nahmen in London am Samstag Zehntausende an einer propalästinensischen Demonstration teil. In Rom kam es bei einer nicht genehmigten Pro-Palästina-Demonstration mit mehreren Tausend Menschen zu teils heftigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizisten.
Schwerpunkt der Proteste in Deutschland dürfte nach Einschätzung des Bundesamtes für Verfassungsschutz Berlin sein. In der Hauptstadt begleiteten bereits am Wochenende insgesamt rund 1.100 Polizisten Demonstrationen und Gedenkveranstaltungen.
Schwerpunkt des Einsatzes am Sonntag war ein propalästinensischer Protestzug mit dem Titel „Demo gegen Genozid in Gaza“. Bereits zu Beginn hatten sich nach Angaben einer Polizeisprecherin mehr als 1.200 Menschen – mehr als angekündigt – am Kottbusser Tor in Kreuzberg versammelt. Weitere Demonstranten kamen hinzu.
Die Stimmung war aufgeheizt wie schon am Samstag bei einer Pro-Palästina-Demo. Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer trugen sogenannte Palästinensertücher und schwenkten palästinensische Fahnen. Auf Transparenten war häufig zu lesen „Stopp the Genoicide“ (Stoppt den Völkermord).
Zu den Demonstranten gehörten Mitglieder der linksradikalen Antifa-Bewegung ebenso wie der kommunistischen DKP oder der Revolutionären Kommunistische Partei RKP. Die Demonstration sollte bis zur Lenaustraße an der Grenze zu Neukölln gehen. Ursprünglich war die Route bis zur arabisch geprägten Sonnenallee in Neukölln geplant.
Auch zu einer proisraelischen Demonstration versammelten sich zahlreiche Menschen. Am Brandenburger Tor breiteten sie eine große Israel-Flagge vor dem Berliner Wahrzeichen aus. Bei der Kundgebung mit dem Titel „Gemeinsam gegen das Verbrechen der Hamas an Israelis und Palästinensern. Für die Freilassung der Geiseln und das Ende der Hamas Herrschaft in Gaza.“ zogen laut Polizei etwa 500 Menschen zum Bebelplatz. Dieser ist symbolisch wieder zum „Platz der Hamas-Geiseln“ geworden. Unter anderem erinnern dort leere Stühlen an die Opfer.
Neben den Kundgebungen sind in der Stadt bis zum Abend Gebete und Mahnwachen geplant, beispielsweise vor der Kreuzberger Synagoge am Fraenkelufer.
Erhebliche Gefahren für jüdisches Leben in Deutschland
Vor einem Jahr, am 7. Oktober 2023, hatten Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen mehr als 1.200 Menschen in Israel getötet und etwa 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Dies war der Auslöser für den Gaza-Krieg, in dem nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bisher rund 42.000 Palästinenser getötet wurden, etwa ein Drittel davon Kinder und Jugendliche.
Der Zentralrat der Juden sieht ein Jahr danach erhebliche Gefahren für jüdisches Leben in Deutschland. „Die Hemmschwelle, zu Gewalt gegen Juden aufzurufen und auch auszuüben, sinkt“, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster der Deutschen Presse-Agentur. „Es gebe eine ‚anhaltende Explosion antisemitischer Taten‘ und einen ‚Mechanismus des Hasse'“, warnte Schuster. Am häufigsten sei Israel-bezogener Antisemitismus. Anti-Zionismus sei als Schlachtruf wieder salonfähig geworden.
Allein die Berliner Staatsanwaltschaft hat binnen eines Jahres knapp 3.200 Verfahren im Kontext mit dem Gaza-Krieg erfasst. In 1.070 Fällen (Stand: 4. Oktober) geht es dabei um Straftaten bei Demonstrationen zu dem Nahost-Konflikt, wie ein Behördensprecher der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Bei der Berliner Polizei sind nach seinen Angaben weitere rund 5.300 Fälle (Stand: 10. September), von denen noch etliche bei der Staatsanwaltschaft landen dürften.
Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hat für den Fall antisemitischer Äußerungen bei Versammlungen anlässlich des Jahrestages zum 7. Oktober ein hartes Durchgreifen angekündigt. Berliner Polizisten und Einsatzkräfte aus anderen Bundesländern sowie die Bundespolizei würden Straftaten mit aller Konsequenz verfolgen, sagte Spranger. Die Polizeikräfte hätten dafür ihre volle Rückendeckung, hatte zuvor auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) betont.