Bisher war das einfache Cholesterin-Mantra „HDL gut, LDL böse“ in den Köpfen fest verankert. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse könnten diese Vorstellung aber verändern.
Cholesterin ist ein Thema, das Forscher und Mediziner schon lange beschäftigt. Während das sogenannte LDL-Cholesterin (Low-Density-Lipoprotein) als „böses“ Cholesterin gilt, dem zahlreiche negative gesundheitliche Effekte nachgesagt werden, genießt das HDL-Cholesterin (High-Density-Lipoprotein) seit jeher einen guten Ruf. Es wird oft als das „gute“ Cholesterin verstanden, das die Arterien schützt und das Herz gesund hält.
Doch nun haben Forscher der Sun-Yat-sen-Universität in Shenzhen (China) einen neuen Blick auf die Auswirkungen erhöhter HDL-Werte geworfen – mit überraschenden Ergebnissen.
Im Rahmen ihrer Studie analysierten sie Daten von rund 400.000 Probanden aus der UK Biobank (ein großangelegtes Register mit Patientendaten aus Großbritannien). Diese waren zu Beginn der Studie zwischen 40 und 69 Jahre alt. Jedem war Blut entnommen worden, um die Cholesterinwerte zu ermitteln. Unabhängige Variablen wie Rauchen, Alkoholkonsum und Einnahme cholesterinsenkender Medikamente wurden ebenfalls ermittelt. Schließlich wurde die Gesundheit der Studienteilnehmer über einen Zeitraum von fast 14,5 Jahren genauestens beobachtet.
Während der Nachbeobachtungszeit entwickelten 6.868 Teilnehmer (1,72 Prozent) ein Glaukom – eine Augenkrankheit, die durch eine Schädigung des Sehnervs irreversiblen Sehverlust verursachen kann. Konkret stieg mit einem moderaten Anstieg des HDL-Spiegels das Risiko, an einem Glaukom zu erkranken, um fünf Prozent. Betroffen waren vor allem Männer ab einem Alter von 55 Jahren.
Ein weiteres, bemerkenswertes Ergebnis der Studie: Im Gegensatz zum HDL-Cholesterinwert war ein moderater Anstieg des LDL-Werts mit einem verringerten Risiko verbunden, ein Glaukom zu entwickeln.
„Unsere Studie zeigt, dass hohe HDL-Cholesterinwerte nicht durchweg gesundheitsfördernd sind“, erklärten die Forscher in ihrer wissenschaftlichen Arbeit. Sie betonten jedoch auch: Es seien weitere Untersuchungen notwendig, um die Mechanismen hinter diesen Zusammenhängen zu verstehen.
Noch bleibt also vieles unklar – doch es deutet sich an: Die einfache Gleichung „HDL gleich gut“ könnte ins Wanken geraten.