Man sei bereit, sagte Merz, „bei dem Verteidigungshaushalt auch weitere Maßnahmen mit einzubeziehen“. Die Grünen bestehen zum Beispiel darauf, mit dem Geld auch Cyberabwehr und Zivilschutz zu finanzieren. Ebenso sei man offen dafür, „bei der Infrastruktur auch Klimaprojekte, Umweltprojekte zu berücksichtigen“. Die zweite Hauptforderung der Grünen.
Die Argumentation der Grünen verschiebt sich deshalb gerade. Betont wird nun angesichts der vielen Versprechen im Sondierungspapier ein Punkt, der vorher eher im Hintergrund stand: „Mütterrente, Pendlerpauschale, Mehrwertsteuer-Ausnahmen“, schreibt Baden-Württembergs Grünen-Finanzminister und Realo Danyal Bayaz auf der Plattform X. „Ich frage mich, ob das geplante Sondervermögen nun für echte und zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur sein soll – oder dieser Koalition eine Geschäftsgrundlage für ihr Wünsch-Dir-Was geben soll.“
Noch deutlicher wird der erfahrene Parteilinke Michael Kellner: „Das Sondierungspapier strotzt von Geschenken an Lobbygruppen“, sagt er t-online. „Union und SPD dafür die finanziellen Spielräume zu geben, ohne substanziell was für den Klimaschutz zu bekommen, hielte ich für politischen Irrsinn.“ Friedrich Merz müsse liefern, wenn er die Unterstützung der Grünen haben wolle.
Die 500 Milliarden Euro, beklagt die linke Grünen-Abgeordnete Jamila Schäfer auf der Plattform BlueSky, würden nicht als „zusätzliche“ Investitionsmittel ausgewiesen. Also könnten sie auch einfach die normalen Investitionen im Haushalt ersetzen, sodass das Sondervermögen „ein Verschiebebahnhof für neue Steuersenkungen“ würde.
Wie weit die Grünen ihren Hebel nun nutzen, ist wohl noch offen. Es gibt linke Grüne, die jetzt bereit sind, das Ganze scheitern zu lassen. Obwohl einige von ihnen bisher zwar dafür waren, den Preis für die Zustimmung hochzutreiben, am Ende aber trotzdem zustimmen wollten. Ihr Argument lautet: Die dringend nötigen Ausgaben für die Ukraine und die Verteidigung können Union und SPD im Notfall auch ohne uns machen, indem sie endlich die 3 Milliarden Euro freigeben und die Notlage ziehen.
Andere Grüne vor allem am Realo-Flügel wiederum sprechen sich nun dafür aus, das Paket aufzuteilen und die Schuldenbremsenreform für Verteidigung mitzutragen, das Infrastruktur-Sondervermögen aber erst mal nicht. Ob Union und SPD das so aber überhaupt mitmachen? Unklar.
„Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“, sagt Grünen-Chefin Franziska Brantner, als sie am Samstag vor der Grünen-Parteizentrale steht. „Aber bis jetzt sehen wir noch keinen Willen.“ Weiterverhandeln, auch das macht sie klar, wollen die Grünen aber auf jeden Fall.