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Der Bundestag hat eine härtere Migrationspolitik beschlossen. Die zwei größten deutschen Polizeigewerkschaften sind sich jedoch uneins, was jetzt auf sie zukommt.

Der Anschlag in Aschaffenburg, bei dem ein ausreisepflichtiger Mann aus Afghanistan zwei Menschen getötet hat, hat den Bundestagswahlkampf verschärft. Als Reaktion hat CDU-Chef Friedrich Merz einen Fünf-Punkte-Plan vorgelegt, der eine härtere Migrationspolitik skizziert. Nun hat die Union den Antrag mit Stimmen der AfD und der FDP im Bundestag beschlossen.

Darin fordert die CDU/CSU „dauerhafte Grenzkontrollen“ zu den Nachbarstaaten sowie die „Zurückweisung ausnahmslos aller Versuche illegaler Einreise“. Dies soll auch für Asylsuchende gelten. Wer vollziehbar ausreisepflichtig ist, soll „unmittelbar in Haft“ kommen. Die Bundespolizei soll die Befugnis erhalten, selbst Haftbefehle für Abschiebehaft oder Ausreisegewahrsam zu beantragen.

Der Beschluss würde die Arbeit der Bundespolizei direkt betreffen. Doch wie genau, darüber sind sich die beiden größten deutschen Polizeigewerkschaften uneins. t-online hat nachgefragt.

Andreas Roßkopf ist Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und zuständig für die Bundespolizei. Er denkt, dass die von der Union geforderten dauerhaften Grenzkontrollen eine neue und intensivierte Art der Grenzkontrollen darstellen würden. „Das unterscheidet sich sehr stark von den Kontrollen, die wir derzeit durchführen“, sagt er.

Andreas Roßkopf: Er ist Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei mit rund 175.000 Mitgliedern in Deutschland.

Um die 3.800 Kilometer deutschen Binnengrenzen flächendeckend zu überwachen, sei ein erhöhter Personalaufwand notwendig. „Wir bräuchten etwa 10.000 Kollegen mehr“, sagt Roßkopf. Zudem eine moderne technische Ausstattung mit Drohnen, Kameras, Kontrollstellen sowie Fahndungswerkzeuge. „Das ist, wenn überhaupt, nur minimal vorhanden“, sagt der GdP-Chef.

Doch selbst dann ließen sich die unzähligen offenen Wege und Straßen nicht vollständig überwachen. „Hundertprozentigen Schutz würde es nur geben, wenn wir Zäune bauen, aber das wollen wir nicht“, sagt Roßkopf. Wenn die dauerhaften Grenzkontrollen eingeführt werden, „dann wird das für die Bundespolizei eine riesige Herausforderung“, so der Gewerkschafter.

Heiko Teggatz, stellvertretender Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) widerspricht. Er sieht in den von Merz geforderten dauerhaften Grenzkontrollen keine Ausweitung der bereits angeordneten Maßnahmen. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) habe bereits die Anweisung für Grenzkontrollen gegeben und damit die erforderliche Rechtsgrundlage geschaffen. „Wie wir kontrollieren, ist eine polizeitaktische Entscheidung“, sagt Teggatz.

Heiko Teggatz: Er ist stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft mit etwa 94.000 Mitgliedern. (Quelle: Deutsche Polizeigewerkschaft/Windmüller)

Und die Polizei sei jetzt bereits mit der Mischung aus stationären Grenzkontrollen, Polizeistreifen und der zivilen Schleierfahndung im Grenzgebiet „sehr erfolgreich“. Von den nun geforderten „dauerhaften Grenzkontrollen“ sieht er deshalb auch „keine Auswirkungen auf den Personaleinsatz“. „Wir sind bereits jetzt hoch belastet, aber daran würde sich durch die Umsetzung der neuen Forderungen nichts ändern“, sagt er.

Die Bundespolizei bräuchte schon seit Jahren mehr Personal, aber die Forderung der GdP für 10.000 zusätzliche Polizisten hält Teggatz für unrealistisch. Es sei schwierig, überhaupt genug Bewerber zu finden. Diese müssten dann auch noch die lange Ausbildung durchlaufen. Bis diese Kräfte tatsächlich eingesetzt werden könnten, „dauert das zehn Jahre“, prognostiziert er.

Stattdessen hat Teggatz einen anderen Vorschlag. Derzeit sind an den deutschen Grenzen 53.000 Bundespolizisten eingesetzt. 5.000 weitere Beamte von der Bereitschaftspolizei unterstützen den Einsatz. Anstatt nun weitere Bundespolizisten anzustellen, „sollten wir uns auf Tarifbeschäftigte konzentrieren“, fordert der DPolG-Chef. Diese müssten keine dreijährige Ausbildung durchlaufen, sondern könnten schneller angelernt werden und dann die Bundespolizei vor Ort unterstützen, meint er.

Bislang können Menschen ohne gültige Dokumente an der Grenze nur abgewiesen werden, wenn sie kein Asyl beantragen oder eine Wiedereinreisesperre gegen sie vorliegt. Mit dem Fünf-Punkte-Plan hat der Bundestag nun ein Einreiseverbot für alle Menschen ohne gültige Einreisedokumente beschlossen, auch wenn sie ein Schutzgesuch äußern.

Dazu müsste Deutschland statt EU-Recht nationales Recht anwenden. Um das zu tun, muss eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit bestehen. Die Union sieht das als gegeben an, Juristen streiten jedoch darüber. „Das sind politische Entscheidungen, die Bundespolizei kann das nicht bewerten“, sagt GdP-Chef Roßkopf.

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