Von dem CSU-Parteitag in Augsburg soll ein Signal der Geschlossenheit ausgehen. Auf der Bühne werden Söder und Merz dafür gemeinsam gefeiert. Die Aufgabenteilung ist klar. Jedenfalls für einen von beiden.

Es sind Bilder, auf die die Union lange gewartet hat. Breit grinsend steht Friedrich Merz an diesem Samstag auf der Bühne in Augsburg. Der Saal vor ihm klatscht, jubelt und johlt. Rechts neben ihm: Markus Söder. Auch er applaudiert.

Bei dem Besuch des frisch gekürten Kanzlerkandidaten Merz auf dem CSU-Parteitag in Augsburg wollen Söder und seine Delegierten ein klares Signal senden. „Ich weiß nicht, wer von Ihnen noch Hans Rosenthal kennt“, sagt der CSU-Chef. „Aber das war …“ – und dann stimmt der Saal ein: „Spitze!“ Merz lacht, Söder hebt seinen Daumen. Für einen Moment ist alles ganz kuschelig.

Was damit von diesem Parteitag ausgehen soll, ist klar: die große Geschlossenheit. Aber wie ehrlich ist sie?

Eigentlich hat man sich in der Union schon vor Wochen die Karten gelegt: Friedrich Merz ist Kanzlerkandidat, Markus Söder bleibt CSU-Chef. In Augsburg wird einmal mehr deutlich, dass in der Partei jetzt der Wunsch nach Zusammenhalt besteht. Nachdem Söder in den Wochen vor der Entscheidung immer mal wieder mit der Idee kokettiert hatte, auch selbst als Kandidat infrage zu kommen, ist die Erwartung an ihn jetzt klar: irgendwann ist auch mal gut.

CSU-Chef Markus Söder: Auf dem Parteitag poltert er gegen die Grünen. (Quelle: Peter Kneffel)

Und Söder scheint das verstanden zu haben. Wieder und wieder betont er, die Bundestagswahl 2021 werde sich nicht wiederholen. Damals hatte die CSU den Kanzlerkandidaten der CDU, Armin Laschet, nicht akzeptiert. Ständig hatte es Provokationen aus Bayern gegeben. Jetzt will man es anders machen. „Keine Stichelei, keine Spielchen, keine andauernden Taktierereien“, verspricht Söder in Augsburg. Die CSU stehe fest hinter Merz.

Nur: bedingungslos ist diese Unterstützung dann auch nicht. Denn neben ganz viel Einigkeit wird an diesem Wochenende noch eine andere Sache deutlich: Söder mag nicht vorhaben, den CDU-Vorsitzenden zu torpedieren. Allerdings dürfte er seinen Anspruch auf ein Mitspracherecht in Zukunft stark geltend machen. Ob Merz will oder nicht.

In seiner Rede auf dem Parteitag lässt der CSU-Chef durchblicken, was er sich vorstellt. Denn neben dem Bayern-Loblied und klassischen Sätzen wie „die Ampel ist klinisch tot“ oder „kein Schwarz-Grün“ spricht er ungewohnt viel über Außen- und Verteidigungspolitik. Der Konflikt im Nahen Osten, die US-Präsidentschaftswahl oder bevorstehende Herausforderungen in der Europäischen Union – der bayerische Ministerpräsident macht den großen Rundumschlag.

Dabei schwingt eine Botschaft mit, die sich auch an Merz richten dürfte. Sie lautet: Die CSU ist keine Regionalpartei. Sie wird auch bei anderen Themen mitreden wollen. Söder hat es bei der Kandidatenkür vor drei Wochen bereits deutlich gesagt: entschieden wird in einer potenziellen Regierung vor allem im Koalitionsausschuss. Da sitzt auch der CSU-Chef drin. Auf dem Parteitag unterstreicht Söder wohl auch deshalb noch einmal, er habe mit Merz über alles gesprochen. Und: „Wir haben in allen Punkten Einigkeit.“

Es ist eine Klarstellung für jeden, der dachte, Merz sei die Nummer eins und Söder die Nummer zwei. Söder sagt in Augsburg damit: Es gibt zwei Vorsitzende. Und ohne die CSU wird Merz in Berlin nichts entscheiden.

Merz weiß um die Fragilität dieses Friedens. Als er auf dem Parteitag redet, erwähnt er auch deshalb ausdrücklich, man habe zu einem „neuen Miteinander gefunden“. Er wolle sich noch einmal persönlich bei Söder bedanken. Schließlich sei es eine große Erfolgsvoraussetzung für die CDU, dass das Verhältnis gut ist. Es folgt Lob um Lob – für die gute Zusammenarbeit, die Vertraulichkeit.

Das Publikum dankt es ihm mit viel Applaus. Nach fast jeder Passage jubeln die Delegierten dem CDU-Chef laut zu. „Wir brauchen endlich wieder eine Regierung, die aufhört, öffentlich zu streiten.“ Jubel. „Wir müssen wieder der Anwalt der ländlichen Räume sein.“ Jubel. Man müsse den Leistungsgedanken wieder mehr stärken – die Delegierten überschlagen sich fast.

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