Ihre Opernaufführung löste bei Zuschauern Übelkeit aus. Florentina Holzinger versteht es, zu provozieren. Das beweist sie nicht nur mit der umstrittenen „Sancta“-Inszenierung.

Die Oper „Sancta“ ist streitbar, blutig und löste bei den ersten beiden Aufführungen in Stuttgart gleich mehrere Notarzt-Einsätze aus. Mehreren Zuschauern wurde übel, drei mussten sogar ärztlich versorgt werden. Ob es solche Fälle auch in Berlin geben wird, wird sich zeigen. Die Volksbühne holt die Inszenierung im November in die Hauptstadt, Einblicke erhalten Interessierte hier. Kreativer Kopf hinter der Oper, die mit Warnhinweis im Programm steht, ist Florentina Holzinger. Sie ist bekannt für ihre radikale Performance-Kunst.

Die 38-jährige Österreicherin wurde in Wien geboren, studierte nach der Schule an der School for New Dance Development in Amsterdam Choreografie und war schon früh erfolgreich: Für ihre Diplom-Soloarbeit „Silk“ wurde sie 2012 beim lmPulsTanz Festival ausgezeichnet. Im Anschluss inszenierte sie Stücke wie „Kein Applaus für Scheiße, Spirit und Wellness“, „Recovery“, „Apollon“ und „Ophelia’s Got Talent“. Unter anderem wurde sie für letzteres Theaterstück zweifach mit dem österreichischen Nestroy Award sowie dem Faust-Award für die beste Tanzperformance ausgezeichnet. Holzinger selbst wurde für die Inszenierung kürzlich außerdem vom „The Guardian“ geehrt: Die britische Tageszeitung bezeichnete sie als „heißeste Direktorin Europas“.

Szene aus „Sancta“: Die moderne Oper sorgt aktuell für Debatten. (Quelle: Nicole Marianna Wytyczak)

Florentina Holzinger inszenierte in der Vergangenheit nicht nur in Theatern und Opernhäusern, sondern trat auch schon vor Kameras auf. In dem 2024 erschienenen österreichischen Spielfilm „Mond“ von Kurdwin Ayub spielte sie die Hauptrolle. Bekannt wurde sie jedoch für ihre Live-Performances, in denen sie gerne mit Tabus bricht, auf feministische und streitbare Inhalte setzt.

So macht sie in „Sancta“ die weibliche Sexualität in der Kirche zum Thema, zeigt nackte und masturbierende Nonnen und ruft damit katholische Geistliche auf den Plan. Stuttgarts Stadtdekan Christian Hermes sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur, religiöse Gefühle würden mit dem Stück „obszön verletzt“.

Eine Szene aus Florentina Holzingers Oper „Sancta“. (Quelle: Nicole Marianna Wytyczak)

Wie Holzinger in einem Interview mit dem österreichischen Radiosender FM4 erklärte, sei es ihr langgehegter Traum gewesen, sich an dem Einfluss der katholischen Symbolwelt „in irgendeiner Art und Weise explizit abzuarbeiten“. In ihrem Team seien diverse Meinungen zum Thema Religion vertreten, auch katholische Gläubige zählten dazu. Sie erklärt: „Uns war aber immer klar, dieses Thema werden wir nicht mit Samthandschuhen anfassen.“ Die Kirche habe „wirklich so viel Dreck am Stecken, die müssen auch einstecken können“.

Mit der „Sancta“-Oper werden jedoch offenbar nicht nur religiöse Gefühle, sondern auch Körper verletzt. Während einer Aufführung in Stuttgart gab es eine Live-Piercing-Szene, in der zwei Darstellerinnen jeweils zwei Karabinerhaken durch den Rücken gebohrt wurden, wie „Deutschlandfunk Kultur“ berichtete.

Dass Holzinger gerne mit blutigen und expliziten Bildern sowie nackter Haut provoziert, zeigt sich auch auf ihrem Instagram-Account. Dort teilt sie Kunst und Eindrücke von Live-Performances, die auf rohe Gewalt anspielen.

Daneben sind auf dem Account Aufnahmen zu finden, auf denen Florentina Holzinger mit Freunden zu sehen ist. Viel Privates gibt sie neben Fotos, wie etwa von Festival-Besuchen in Athen, nicht preis. Dafür äußert sie sich auf Instagram über die aktuelle Kritik und „skandalheischende Headlines“ zur „Sancta“-Oper. Sie erhalte aufgrund der Aufregung um das Stück Gewaltdrohungen von „Fanatikern und Dogmatikern“. Wer keine Lust habe, müsse sich das Stück nicht ansehen, stellt sie klar und ergänzt, Hasskommentare auf ihrer Seite nicht zu dulden.

Tatsächlich werden Besucher ihrer Oper explizit vor den beschriebenen Szenen gewarnt. Auf der Website der Volksbühne Berlin heißt es: „Wir empfehlen für den Besuch der Vorstellung ein Mindestalter von 18 Jahren.“ Zudem wird eine Triggerwarnung wegen selbstverletzender Handlungen, Blut, Nadeln, Stroboskop-Licht sowie der expliziten Darstellung und Beschreibung körperlicher und sexualisierter Gewalt ausgesprochen. Es ist nicht das erste Mal, dass es zu Holzingers Inszenierung einen Warnhinweis gibt. In ähnlicher Form wurde ein solcher auch zu dem Stück „Ophelia’s Got Talent“ auf der Seite der Berliner Filmfestspiele vermerkt, in dem es ebenfalls viel nackte Haut zu sehen gab.

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