In Deutschland mangelt es an Spenderorganen. Um dem entgegenzuwirken, schlägt die FDP vor, die Voraussetzungen für die Organspende neu zu definieren.

Die FDP im Bundestag will die Todesdefinition als Voraussetzung für eine Organspende erweitern. So soll künftig auch der Herz-Kreislauf-Stillstand Grundlage für eine vorher selbstbestimmte Entnahme von Organen sein – bisher musste zwingend der Hirntod nachgewiesen werden. Damit sollen die Spenderzahlen erhöht werden. Aber was genau bedeutet dieser Vorschlag für die Praxis?

Experten sprechen von einem Hirntod, wenn alle Hirnfunktionen wie etwa die Reaktion auf Reize wie Schmerz oder Atmung unumkehrbar ausfallen. Von diesem Ausfall müssen sowohl das Großhirn als auch das Kleinhirn und der Hirnstamm betroffen sein. Damit ist der Tod des Menschen nach neurologischen Kriterien sicher festgestellt. Ursachen für den Hirntod sind schwere Hirnschäden infolge von Hirnblutungen, Hirntumoren, Schlaganfällen oder Hirnhautentzündungen. Aber auch äußerliche Verletzungen oder Unfälle können zum Hirntod führen.

Ein Herz-Kreislauf-Stillstand tritt auf, wenn das Herz aufhört zu schlagen und kein Blut mehr durch den Körper pumpt. Ohne diese Blutzirkulation können die Organe, einschließlich des Gehirns, keinen Sauerstoff mehr erhalten und sterben ab. Unbehandelt führt ein Herz-Kreislauf-Stillstand zum (Herz-)Tod. Ursachen für einen Herz-Kreislauf-Stillstand sind unter anderem Herzinfarkt, koronare Herzkrankheit, Herzmuskelentzündung oder ein Schock.

Wenn der Verdacht auf einen Hirntod besteht, müssen zwei Experten unabhängig voneinander den vollständigen und irreversiblen Ausfall des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstammes feststellen. Zudem müssen die Ursachen geklärt sein, die zum Hirntod geführt haben. Um zu belegen, dass der Ausfall der Hirnfunktionen unumkehrbar ist, müssen die Untersuchungen im letzten Schritt mit zeitlichem Abstand wiederholt werden. Die Diagnose des Hirntods kann daher einige Stunden bis Tage in Anspruch nehmen. Der Initiator des Antrags, der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion und Universitätsprofessor in Würzburg, Andrew Ullmann, beschreibt den Aufwand, den Ärzte betreiben müssten, um den Hirntod eines Patienten festzustellen, daher als „immens hoch“.

Die Diagnose eines Herz-Kreislauf-Stillstands sei dagegen einfacher, aber dennoch sicher festzustellen, erklärte Ullmann der „Welt“. Die Diagnose eines Herz-Kreislauf-Stillstands ergibt sich aus den klinischen Anzeichen wie Atemstillstand und Pulslosigkeit und wird mithilfe eines Herzmonitors und einer Elektrokardiografie (EKG) bestätigt.

Nach Angaben der Ärztezeitung sind in Ländern wie Großbritannien, Spanien, Belgien und den USA Organspenden nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand bereits gestattet. Die Regelung führte dort teilweise dazu, dass die Zahl der Organspenden gestiegen ist.

Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz widerspricht der FDP jedoch. Ihm zufolge ist der zentrale Punkt der Unumkehrbarkeit des Todes beim Herzstillstand nicht gegeben, erklärt er der Deutschen Presseagentur. „Der Hirntod und der Herztod nach einem nicht behandelten Herzstillstand sind nicht das Gleiche. Doch genau das suggeriert der FDP-Vorstoß.“

Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hält von dem FDP-Vorschlag wenig. „Als Arzt und klarer Befürworter einer Widerspruchslösung halte ich doch den Hirntod für das sichere Verfahren für das Feststellen des Todes. Mit dem Hirntod sind Fehler ausgeschlossen. In Kombination mit der Widerspruchslösung würden wir viele Leben retten“, schrieb er auf X. Bei der Widerspruchslösung gilt eine Zustimmung zu einer Entscheidung als getroffen, wenn der Betroffene nicht explizit widerspricht.

In Deutschland gilt die sogenannte Entscheidungslösung. Das heißt, Organe und Gewebe dürfen nach dem Tod nur dann entnommen werden, wenn die verstorbene Person dem zu Lebzeiten in einem Organspendeausweis oder im Organspende-Register zugestimmt hat. Liegt keine Entscheidung vor, werden die Angehörigen nach einer Entscheidung gefragt.

Wie Sie Ihre Entscheidung im Organspende-Register festhalten und was dabei zu beachten ist, erfahren Sie in diesem Artikel.

Um die Entscheidungsfindung der Menschen zu unterstützen, erhalten alle bei einer deutschen Krankenversicherung versicherten Menschen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr alle zwei Jahre Informationsmaterialien sowie den Organspendeausweis kostenfrei zugeschickt.

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