FDP versucht Neuanfang: Kann das gelingen?

30.12.2025 – 07:16 UhrLesedauer: 8 Min.

FDP-Chef Christian Dürr: Die Liberalen befinden sich seit bald einem Jahr in der außerparlamentarischen Opposition. (Quelle: IMAGO/EVENTPRESS Jeremy Knowles/imago)

Die FDP kämpft in der außerparlamentarischen Opposition ums politische Überleben. Die Führung um Parteichef Dürr hat sich eine Comeback-Strategie überlegt. Kann sie aufgehen?

Grau und schwer drückt der Himmel auf Berlin, feiner Nieselregen durchfeuchtet die kühle Dezemberluft. Ein Bagger rammt krachend seine Schaufel in den Boden, etwas entfernt stottert ein Presslufthammer, irgendwas wird ja immer gebaut, auch hier am Reichstag. Wer an diesem Freitagmorgen am Spreeufer unterwegs ist, will weiter, ins Büro, nach Hause zu einer Tasse Kaffee – oder rein ins warme Parlamentsgebäude.

Nur einer ist gekommen, um draußen zu bleiben. Auf einmal steht er da, einen grünen Parka über dem dunkelblauen Anzug, in der Hand einen überdimensionalen Scheck aus Pappe: Christian Dürr, der Vorsitzende der Freien Demokraten. Jener Partei also, die bei der Neuwahl des Bundestags im Februar an der Fünfprozenthürde gescheitert ist und jetzt in der außerparlamentarischen Opposition (Apo) um Aufmerksamkeit und Sendezeit kämpft, wieder einmal.

Die Uhr schlägt Viertel vor 11 an diesem 5. Dezember. In zwei Stunden wird der Bundestag mit den Stimmen von Union und SPD das lange umstrittene Rentenpaket verabschieden. Dürr findet das nicht gut, er kritisiert den absehbaren Beschluss scharf, spricht vom „endgültigen Scheitern“ der Regierung und von fehlender Generationengerechtigkeit. Knapp vier Minuten redet er gegen den Baggerlärm an, dann ist wie immer Zeit für Fragen der Journalisten. Nur: So viel länger wird sein Auftritt dadurch auch nicht. Anders als vor zwei Wochen bei einer Kundgebung mit viel Tamtam und DDR-Trabis ist heute nicht einmal eine Handvoll Reporter gekommen, auch wenn es ein Fernsehteam von „Welt TV“ rechtzeitig hergeschafft hat, immerhin.

Es ist ein trister Anblick, wie Dürr da so im Regen steht, und zugleich ein sinnbildlicher. Etwas verloren wirkt er, allein, während er seine Sätze aufsagt. Noch vor einem Jahr ging er täglich im Reichstag ein und aus, führte eine der drei regierenden Ampelfraktionen, er hatte Macht. Und jetzt? Interessiert sich kaum einer für das, was er sagt. Die einst so stolze FDP, die so viele Jahre Deutschland mitregiert hat, ist wieder ganz unten angelangt und strampelt, um wieder nach oben zu kommen. Kann Dürr das Comeback gelingen? Oder steht die FDP vor ihrem endgültigen Aus?

Wer in liberalen Kreisen nach Antworten auf diese Fragen sucht, landet schnell bei Vergleichen zu den ersten „Schattenjahren“, der Zeit von 2013 bis 2017. 2013 scheiterte die FDP erstmals in ihrer Geschichte am Wiedereinzug in den Bundestag, auch damals flog sie von der Regierungsbank direkt ins politische Niemandsland. Ein gewisser Christian Lindner übernahm den Laden, jung, charismatisch, aufstrebend. Aus der etwas altbackenen Brüderle-Partei in Gelb-Blau, früher noch mit Pünktchen zwischen den drei Buchstaben, machte er die coolen, gelb-blau-magentafarbenen Freidemokraten. Die änderten zwar wenig an ihrem Programm, allerdings präsentierten sie es hipper und stellten wieder Dinge ins Schaufenster, die auch jenseits klassischer Wirtschaftsliberaler neue Wähler ansprachen, Menschenrechte zum Beispiel.

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