Die FDP hat eine von vorn bis hinten inszenierte Schmierenkomödie aufgeführt. Jetzt ist sie endgültig damit aufgeflogen. Die Quittung wird sie bei der Bundestagswahl bekommen.
Einladung zu einem kleinen Gedankenspiel: Eine junge Frau wacht morgens in einem fremden Bett auf und muss sich für einen Moment sammeln. Dann kommen die Erinnerungen zurück. Ja, ein unverhofft schöner Abend war das. Der gut aussehende junge Mann neben ihr war in einer Bar auf sie aufmerksam geworden und hatte sie aufs Charmanteste zu einem feinen Essen im Kerzenschein eingeladen. Danach ging es für ein, zwei Drinks noch einmal an eine Bar, dann aufs Zimmer im Hotel. Alles in dieser Nacht fühlte sich richtig und gut an.
Da sieht sie aus dem Kleiderhaufen vor dem Bett einen Zettel aus der Gesäßtasche ihres Liebhabers ragen. Ihre Neugier siegt über ihre Vorbehalte. Sie zieht ihn heraus, schlägt ihn auf: „Schlachtplan Abschleppen heute Abend“ steht darauf. Dann eine genaue Abfolge. „1. Nach Zielperson Ausschau halten, 2. Zum Essen einladen, 3. An der Bar abfüllen, 4. Ins Zimmer abschleppen.“
Die Frau kann kaum so schnell ihre Sachen zusammensammeln, wie sie möchte, um mit einem furchtbar schalen und schäbigen Gefühl die Zimmertür so leise wie möglich hinter sich zuzumachen. Ebenso ergeht es jetzt dem Teil des politisch interessierten Publikums, das erwogen haben mag, bei den vorgezogenen Neuwahlen die Liberalen zu wählen. Diese Klientel muss, wie der Rest der Welt, nun lesen, dass die FDP ihren Rausschmiss aus der Ampel nach einem Drehbuch geplant hat. Inklusive eines primitiv-banalen Vokabulars aus dem Militärischen. Vom D-Day ist da die Rede und dem Finale in einer „offenen Feldschlacht“.
Es war schon blöde genug, solche Banalitäten wie einen fein ziselierten Masterplan aufzuschreiben. Es war noch blöder, dass dieses Stück Papier gewissermaßen erst mal einem der Putschisten aus der Gesäßtasche lugte. Vollends peinlich wurde es, als die FDP allem vorherigen Gelüge zum Trotz das Ding ins Netz stellen musste, bevor es andere taten. Was aussehen sollte wie ein Ampel-Auszug aus edlen Motiven, erweist sich somit vor aller Augen und nachweislich als billige Schmierennummer.
Natürlich war es das für den Generalsekretär der FDP. Der hatte sich obendrein zunächst noch blöde gestellt, als die ersten Berichte über diesen Ampelbruch-Plan bekannt wurden. Es trifft mit Bijan Djir-Sarai also nicht den Falschen. Seine Eignung als Wahlkampfstratege stand schon vorher infrage. Außerdem sind Generalsekretäre eine Art Kippfigur mit eingebautem Scharnier zum Umlegen am Fuß. Sie sind immer als Erstes fällig, wenn etwas schiefläuft. Das wusste schon Kevin Kühnert von der SPD, der sich zwar im Oktober aus gesundheitlichen Gründen zurückzog, aber bei einer Wahlniederlage am 23. Februar als Erster die Konsequenzen hätten ziehen müssen. Und auch FDP-Chef Christian Lindner hat mit dem Rauswurf der vormaligen Generalsekretärin Linda Teuteberg diese Form der Bereinigung zum Schutz der eigenen Person schon einmal exerziert.
Dieses Mal hilft Lindner das billige Opfer seines Generalsekretärs aber nicht mehr. Er war die Schlüsselfigur dieser ganzen Operation, die sich jetzt auf FDP-Papier als von vorn bis hinten inszenierte Schmierenkomödie erweist.
Es hätte eine gewisse Chance gegeben, dass die FDP ihre Wählerklientel über die entscheidenden fünf Prozent hätte hieven können – als Dank dafür, dass sie aktiv das Trauerspiel der Ampel beendet hat. Die war spätestens am Ende, nachdem das Bundesverfassungsgericht ihr vor einem guten Jahr ihre Schattenhaushalte aus der Hand geschlagen hatte.
Diese Chance ist vertan. Die Liberalen haben sich zum Gespött des politischen Raums gemacht. Das Laienspiel, das sie auf der politischen Bühne geboten haben, wird bei der Bundestagswahl brutal abgestraft werden. Die FDP und ihr Vorsitzender werden der Watschenbaum dieses Wahlkampfes sein: Jeder darf mal. Das war es deshalb nicht nur für Djir-Sarai. Das war es auch für Christian Lindner und seine FDP.