Ex-Bayern-Star berichtet

„Es gab keinen Tag ohne irgendeinen Skandal“


Aktualisiert am 28.11.2024 – 10:46 UhrLesedauer: 3 Min.

Mehmet Scholl: Er spielte von 1992 bis 2007 für den FC Bayern.

Aktuell läuft beim FC Bayern alles rund. Doch es war nicht immer so, wie eine neue Dokumentation über den Klub nun zeigt.

Jürgen Klinsmann fühlte sich fehl am Platz. „Irgendwie“, sagt der frühere Weltklassestürmer in einer neuen ZDF-Dokumentation über den FC Bayern in den 1990er-Jahren, „hatte ich nie das Gefühl, dass ich da reinpasse, in dieses ‚FC Hollywood‘. Das war nie so richtig mein Ding.“ Nach nur zwei Jahren hatte der Weltmeister von 1990 genug von all den Intrigen, Eklats und Skandalen – vor allem aber: von seinem Mitspieler Lothar Matthäus. „Es ist besser, wenn ich wieder gehe.“

Klinsmann spricht über diese „Bauchentscheidung“ aus dem Jahr 1997 zum Ende der zweiten Folge der fünfteiligen Reihe, die ab 10. Januar in der ZDF-Mediathek zu sehen sein und am 17. und 18. Januar im ZDF gezeigt wird. Vorausgegangen sind seinem Entschluss Monate voller interner Querelen und öffentlich ausgetragener Streitereien, vorrangig zwischen ihm und Matthäus – aber nicht nur.

„Es gab keinen Tag ohne irgendeinen Skandal“, sagt Klinsmanns früherer Mitspieler Mehmet Scholl, einer der Protagonisten der Serie, und ergänzt: „Es gab nicht zwei Lager – es gab 15 verschiedene.“ Für Markus Babbel war es „ein einziges Tohuwabohu“, der Europameister von 1996 stellt im Rückblick fest: „Das konnte eigentlich nur scheitern.“

Die Reihe setzt mit Beginn der Saison 1995/96 ein, als die Bayern nach fast zwei Jahrzehnten ohne Champions-League-Titel den Entschluss fassten, mit aller Macht zurück auf Europas Fußballthron zu kommen. Erfolgstrainer Otto Rehhagel und mehrere neue Stars sollten es richten – und scheiterten grandios. Ihnen dabei zuzusehen, dürfte selbst Bayern-Fans schmunzeln lassen – zu wild ging es dabei zu, zu kurios wirken aus heutiger Sicht die Turbulenzen.

Da fordert Matthäus seinen Widersacher Klinsmann zu einem „TV-Duell“ auf, um „Klartext“ zu reden. Der Weltmeisterkapitän von 1990 will wissen: Hat Rädelsführer Klinsmann ihn wirklich, wie ihm zugetragen wurde, bei der Nationalmannschaftsreise nach Südafrika 1995 aus dem DFB-Team gekegelt? „Nein“, sagt Klinsmann heute und lacht, „stimmt nicht.“ Damals sprach er von einer „Muppet Show“ – mit Matthäus und ihm als den alten Meckerköpfen „auf dem Balkon“.

Die Doku überzeugt durch vielfältiges Archivmaterial aus den bunten 90ern, in denen Scholl zum umschwärmten Teeniestar aufstieg, und zahlreiche Interviews mit denjenigen, die dabei waren. Als Spieler, Reporter oder Betreuer.

Die langjährige „Bunte“-Chefin Patricia Riekel klärt auf, wo der bis heute bei Bayern-Krisen gern genutzte Begriff „FC Hollywood“, der der Doku ihren Namen gab, eigentlich herkam: Ein findiger Kollege brachte ihn bei einer Themenkonferenz der Illustrierten auf.

Der Rekordmeister selbst hatte an all der Unruhe großen Anteil, der langjährige Manager Uli Hoeneß sah ihn sogar als geschäftsfördernd an – bis der Verein im Chaos zu ertrinken drohte. Hoeneß machte die Schotten dicht, mit Klinsmanns Abschied und der Meisterschaft 1997 schienen sich die Wogen zu glätten, doch dann veröffentlichte Matthäus sein berühmtes „Tagebuch“ (Folge 3, „Der Verrat“) – und alles ging von vorn los.

Das ist höchst unterhaltsam und sehenswert – auch, weil die Bayern damals noch nicht die allesfressende Siegmaschinen waren, als die sie das jüngere Publikum heute kennt. Sie stürzen dramatisch, wie beim „Sekundentod“ 1999 gegen Manchester United – und jubeln am Ende doch: 2001 wird der Champions-League-Traum wahr.

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