Von langer Hand geplant, nun steht der Schritt kurz bevor: Der frühere Chef der AfD, Jörg Meuthen, will sich offenbar weiterhin politisch engagieren – bei der Kleinstpartei eines ehemaligen Verfassungsschutzchefs.

Der frühere AfD-Chef Jörg Meuthen soll beabsichtigen, der Werteunion beizutreten. Nach t-online-Informationen soll der Eintritt in die Kleinstpartei am Nachmittag des 23. September erfolgen, einen Tag nach der Landtagswahl in Brandenburg. Die Werteunion war lange ein Verein für rechtskonservative Mitglieder von CDU/CSU, bevor sie sich in diesem Jahr als eigenständige Partei gründete. Chef der Werteunion ist der frühere Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen, der vom Verfassungsschutz im nachrichtendienstlichen Informationssystem im Bereich Rechtsextremismus gespeichert ist (hier lesen Sie mehr).

Zuvor hatte es in sozialen Netzwerken bereits Spekulationen über den prominenten Neuzugang bei der Werteunion gegeben. Ein rechter YouTuber postete am Mittwoch unter Berufung auf „Insiderinformationen“, dass der Eintritt Meuthens und anderer Personen kurz bevorstehe.

Auf Anfrage von t-online wollte sich Meuthen dazu nicht äußern. Auch eine Anfrage an die Pressestelle der Werteunion blieb bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung unbeantwortet.

Meuthen war von 2015 bis zu seinem Austritt im Jahr 2022 einer von zwei Vorsitzenden der AfD. Der frühere Professor für Volkswirtschaftslehre, der vor allem für den wirtschaftsliberalen Teil der Partei stand, führte damals einen jahrelangen Machtkampf gegen den völkischen Parteiflügel um den Thüringer Landeschef Björn Höcke – und verlor. Meuthen distanzierte sich nach seinem Austritt von der AfD, nennt sie mittlerweile „unwählbar“.

Offene Feldschlacht nach der Bundestagswahl 2021: Der damalige AfD-Chef Jörg Meuthen (l.) mit Co-Parteichef Tino Chrupalla (M.) und der damaligen Fraktions- und heutigen Parteichefin Alice Weidel bei einer Pressekonferenz. (Quelle: JOHN MACDOUGALL/getty-images-bilder)

Nach kurzer Mitgliedschaft bei der Kleinstpartei Deutsche Zentrumspartei, aus der er 2023 wieder austrat, galt Meuthen als politisch heimatlos. Sein Mandat als fraktionsloser Europaabgeordneter, das er seit 2017 ausfüllte, endete im Juni 2024.

Wie kam es zur Annäherung zwischen Meuthen und der Maaßen-Partei? Nach Informationen von t-online wurde in der Werteunion in den vergangenen Wochen bereits breiter über die Personalie Meuthen gesprochen.

Der frühere AfD-Chef war Teilnehmer an zwei Videokonferenzen für Mitglieder des Fördervereins Werteunion. Bei der ersten Videokonferenz erschien zunächst nur Meuthens Name auf der Liste der zugeschalteten Teilnehmer, berichten Anwesende der Konferenz t-online.

Hans-Georg Maaßen: Im Februar gründete er die Partei Werteunion. (Quelle: MARC JOHN)

Bei einer weiteren Länder-Schalte am 4. September unter der Leitung der rheinland-pfälzischen Landesvorstände Eugen Radtke und Ernesto Langrock, die Maaßen nahestehen sollen, meldete sich Meuthen auch zu Wort. Teilnehmern zufolge teilte Meuthen vor allem gegen den Thüringer AfD-Chef Höcke und den sächsischen AfD-Politiker Maximilian Krah aus, nannte Krah einen „fürchterlichen Mensch“. Auch über „Asoziale in Jogginghosen“ bei der AfD soll Meuthen gelästert haben.

Wie Teilnehmer t-online berichten, habe Meuthen damit seinem Vorredner Matthias Joa beipflichten wollen, einem aus der AfD-Fraktion ausgetretenen Landtagsabgeordneten aus Rheinland-Pfalz. Joa hatte sinngemäß erklärt, dass Teile der AfD inakzeptable völkische Positionen vertreten. Die AfD-Kritik stieß in der Runde jedoch auch auf Unmut, der sich unter anderem gegen Meuthen richtete.

Eine Teilnehmerin der Schaltkonferenz schrieb nach der Sitzung in einer internen Gruppe, ihr hätten sich die Nackenhaare gesträubt, dass dem früheren AfD-Chef eine Plattform geboten werde für die Art, wie er sich über „Parteifeinde“ äußere. In der Gruppe wurde spekuliert, Meuthen werde bald für einen Spitzenposten präsentiert: „Abgehalfterte Abgeordnete und abgehalfterte AfDler“ könnten dann die Werteunion-Partei bilden.

Zwischen dem Förderverein und der Partei Werteunion kommt es immer wieder zu Spannungen, obwohl Hans-Georg Maaßen jeweils an der Spitze steht. Der Verein hat nach Gründung der Partei an Einfluss verloren. So wurden langjährige Vorstandsmitglieder nicht oder nur zögerlich in die Partei aufgenommen und fühlen sich nach t-online-Informationen ausgebootet.

Doch auch in der Partei kriselt es: Nach den schwachen Ergebnissen bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen attestierte Maaßen seiner Partei „mangelnde organisatorische Reife und Professionalität“.

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