Die EU droht China mit höheren Einfuhrzöllen für E-Autos. Doch in der Autonation Deutschland stößt der Schritt auf Unverständnis. Unternehmen und Politik warnen vor gravierenden Folgen für einzelne Firmen.

Erst die USA, nun die EU: Immer mehr Staaten wollen sich gegen die chinesische Wirtschaftsmacht wehren. Das Mittel der Wahl sind dabei Einfuhrzölle, die dafür sorgen sollen, dass die Preisvorteile chinesische Hersteller durch umfangreiche staatliche Unterstützung gegenüber europäischen Herstellern ausgeglichen werden. Doch ausgerechnet die Autonation Deutschland ist von den Plänen überhaupt nicht begeistert.

In einem gemeinsamen Statement bezogen die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, und die Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft, Kerstin Andreae, Stellung. „Zusätzliche Zölle auf E-Pkw aus China sind das falsche Instrument“, heißt es darin. „Sie helfen nicht, die Klimaziele zu erreichen und die Transformation zu unterstützen.“

Es brauche fairen Wettbewerb und Arbeitsteilung im Handel. „Nur mit offenen, weltweiten Absatzmärkten können Skaleneffekte genutzt und in der Folge mehr E-Autos auf die Straßen gebracht werden.“

Wissing: „Für Deutschland eine Katastrophe“

Auch aus der Bundesregierung kommen Warnungen. „Einen Handelskrieg mit China kann sich niemand wünschen“, sagt Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). „Es wäre für Deutschland eine Katastrophe und es wäre auch für die Europäische Union nicht von Vorteil.“

Die Einschränkung von Wettbewerb durch hohe Zölle führe dazu, dass der Wettbewerbsdruck auf die europäischen Hersteller abnehme. „Und das Nachsehen haben dann die Verbraucherinnen und Verbraucher, denn nur Wettbewerb sichert niedrige Preise bei bester Qualität“, fügt Wissing hinzu.

Volker Wissing (FDP): Der Verkehrsminister sieht die Einfuhrzölle kritisch. (Quelle: Andreas Arnold/dpa/dpa)

Einfuhrzölle in Höhe von 38,1 Prozent, der Obergrenze des Kommissions-Vorstoßes, würden bei einem Auto, das aktuell 30.000 Euro kostet, potenziell Mehrkosten von 11.450 Euro bedeuten, so Wissing. Inwiefern die Einfuhrzölle von den chinesischen Firmen direkt an die Kunden weitergegeben werden, ist allerdings offen. Zumal die Höhe der Zölle unterschiedlich sein wird.

Die EU-Kommission sieht für Unternehmen, die bei ihrer Untersuchung kooperativ waren, einen geringeren Prozentsatz vor. So soll etwa der Hersteller BYD nur mit 17,4 Prozent zusätzlichem Zoll belegt werden.

Auf Firmen wie die Nio Holding, BMW Brilliance Automotive oder auch Tesla in Shanghai hingegen entfallen 21 Prozent. Diese Prozentsätze kommen ab dem 4. Juli jeweils auf die bestehenden zehn Prozent Einfuhrzoll für Güter aus China dazu.

Die EU-Kommission geht davon aus, dass die chinesischen Firmen die Zölle nur in Teilen an die Kunden weitergeben. Dadurch könnte die durchschnittliche Preisdifferenz von etwa 20 Prozent zwischen chinesischen und europäischen Autos annähernd geschlossen werden. Zuvor hatte US-Präsident Joe Biden bereits Einfuhrzölle für chinesische E-Autos auf 100 Prozent angehoben.

„Im Gegensatz zum US-Markt, wo die Importe von in China hergestellten E-Fahrzeugen vernachlässigbar waren, glauben wir, dass die von der EU eingeführten Einfuhrzölle die Verkäufe chinesischer E-Fahrzeughersteller in naher Zukunft unter Druck setzen werden“, sagt Analyst Vincent Sun vom Finanzinformationsunternehmen Morningstar. Gleichzeitig seien nicht nur chinesische Hersteller von der Regelung betroffen. Genau an dieser Stelle setzt auch die Angst vieler deutscher Automobilhersteller an.

„Das Risiko besteht darin, dass China nun auch Maßnahmen ergreift, die besonders die deutschen Ausrüster treffen würden, die dorthin exportieren“, sagte Daniel Schwarz, Analyst beim US-Finanzdienstleister Stifel. Keine unbegründete Sorge, denn China hat bereits angekündigt, „alle notwendigen Maßnahmen“ einzuleiten, um seine Rechte und Interessen zu wahren.

Und auch der Import von Produkten westlicher Firmen, die in China gefertigt werden, könnte nun erheblich teurer werden. Für BMW-Chef Oliver Zipse ist das Anlass zur Sorge: „Protektionismus droht eine Spirale in Gang zu setzen: Zölle führen zu neuen Zöllen, zu Abschottung statt zu Kooperation.“ Protektionistische Maßnahmen trügen nicht dazu bei, den internationalen Handel zu stärken.

BMW-Chef Oliver Zipse bei einem Besuch in China: Die Einfuhrzölle der EU könnten den elektrischen Mini Cooper treffen. (Quelle: IMAGO/Pan Yulong/imago)
Aktie.
Die mobile Version verlassen