Die ersten zehn Tage der deutschlandweiten Grenzkontrollen sind vorbei. Haben sie bereits etwas bewirkt? Dazu gehen die Meinungen deutlich auseinander.
Die Bewertung zu den seit Montag vergangener Woche laufenden Grenzkontrollen fällt sehr unterschiedlich aus – je nachdem, wen man fragt. Während eine Polizeigewerkschaft den Auftakt als sehr gelungen bezeichnet, sieht die andere kaum einen Nutzen. „Ich ziehe ein durchweg positives Fazit, die Grenzkontrollen sind eine Erfolgsgeschichte“, sagt etwa der Vorsitzende des Bereichs Bundespolizei der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Heiko Teggatz, t-online. Damit bestätigt er seine Einschätzung vom ersten Tag der Kontrollen.
Er verweist dabei auf die kürzlich veröffentlichten Zahlen. So stellte die Bundespolizei allein an den Westgrenzen zu Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Luxemburg in den ersten acht Tagen rund 600 unerlaubte Einreisen fest, 330 Menschen wurden direkt zurückgewiesen. Dazu kommen circa 40 Haftbefehle. „Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache und können sich sehen lassen“, begründet Teggatz.
„Wer etwas anderes behauptet, scheint unter Kontrollverlust zu leiden“
Gänzlich anders bewertet die Lage Andreas Roßkopf, Vorsitzender des Bereichs Bundespolizei bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sagte er: „Festzustellen bleibt, dass die Zahl der Aufgriffe von unerlaubten Menschen sowie Schleusern relativ gering ist.“ Er glaubt, Kontrollstellen und Hauptstraßen würden seit Beginn der Maßnahme schlicht umfahren. „Selbst Busunternehmen meiden dies.“
Seit März dieses Jahres liegen die Zahlen der deutschlandweit erfassten unerlaubten Einreisen monatlich stets zwischen 7.000 und 8.000. Teggatz hält die Interpretation der GdP für nicht nachvollziehbar: „Wer etwas anderes behauptet, scheint unter Realitätsverlust zu leiden.“ Er verweist dabei auch auf andere Zahlen. Es müsse auch die erfolgreiche Abschreckung durch die Grenzkontrollen gesehen werden.
So hat sich die Zahl der unerlaubten Einreisen von 14.701 im August 2023 ein Jahr später nahezu halbiert und steht nun bei 7.818. In derselben Zeit ist die Zahl der Ernstanträge von Asylsuchenden um 20 Prozent zurückgegangen. Deshalb findet Teggatz: „Die These, die manche aufstellen, die Illegalen würden an den Grenzübergängen vorbeilaufen, bestätigt sich anhand dieser Zahlen ausdrücklich nicht.“ Zudem gebe es im Rahmen der Kontrollen zahlreiche verdeckte Maßnahmen, die laut Teggatz „sehr, sehr Erfolg versprechend“ sind.
Da sei wichtig, dass sich klassische Schleuserrouten in den vergangenen Monaten verändert hätten. So kämen viele Geflüchtete über den Westbalkan nun mittlerweile an der schweizerischen oder französischen Grenze zu Deutschland an, nicht mehr über Österreich oder Tschechien. Deshalb sei es eine wichtige Maßnahme, dass die Bundespolizei die Kontrolldichte je nach Lage anpasst.
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Einig sind sich beide Gewerkschaften allerdings in einem Punkt, der verbesserungswürdig sei: die Ausrüstung. So fehlen laut Kritiker Roßkopf von der GdP Fahndungsfahrzeuge, mobile Kontrollstellen, Geschwindigkeitstrichter und Beleuchtung. „Der Herbst und Winter steht unmittelbar bevor, und die Behörde muss nun dringend zusehen, wie sie Arbeitsbedingungen schafft, welche einigermaßen akzeptabel sind. Die Versäumnisse in diesem Bereich in den letzten Jahren fallen uns jetzt auf die Füße“, sagte er dem RND.
Auch der Befürworter Teggatz sieht noch Nachholbedarf. So müssten weitere technische Voraussetzungen geschaffen werden, um längerfristig in den Kontrollen handlungsfähig zu sein. Speziell neue Container und Durchfahrzelte werden benötigt. Das liege allerdings nicht an der Bundespolizei, sondern am Gesetzgeber, kritisiert Teggatz. So habe die Bundesregierung noch keine zusätzlichen Mittel bereitgestellt. „Da kann ich nur den mahnenden Finger heben und sagen: Wer diese Kontrollen anordnet, der muss auch bereit sein, entsprechende Finanzmittel bereitzustellen.“
Seit vergangener Woche werden an sämtlichen deutschen Grenzen Kontrollen durchgeführt, um die Zahl unerlaubter Einreisender einzudämmen. Neu sind die Kontrollen an den Grenzen zu Dänemark, Belgien, den Niederlanden und Luxemburg. An den Grenzen zu Polen, Tschechien, Österreich und der Schweiz wird schon länger kontrolliert, auch an der Grenze zu Frankreich gab es wegen der Olympischen Spiele in Paris bereits Kontrollen. Die Maßnahme ist zunächst auf sechs Monate befristet.