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Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schrecken in der Stadt tief. Viele Menschen sind fassungslos angesichts der vielen Opfer. Einige lassen ihren Frust am Bundeskanzler aus.

Aus Magdeburg berichtet Simon Cleven.

Am Morgen nach der Tat wacht Magdeburg im Schockzustand auf. Nur wenige Fußgänger sind in den frühen Morgenstunden auf den Straßen der Stadt zu sehen. Stattdessen sind rund um den Ort des Anschlags, dem Alten Markt im Zentrum Magdeburgs, Einsatzkräfte der Polizei allgegenwärtig. Das Areal ist weiträumig gesperrt, Einsatzwagen blockieren Zugänge zum und die Sicht auf den Weihnachtsmarkt. Dort starben mindestens fünf Menschen, mehr als 200 wurden verletzt, als ein Auto am Freitagabend in die Menge raste.

Das Ausmaß des Einsatzes von Polizei- und Rettungskräften lässt sich allenfalls noch anhand von Müllhaufen erkennen, die rund um den Weihnachtsmarkt verteilt sind: vor allem Winterjacken, aufgebrauchte Verbandskästen, Rettungsdecken und Gummihandschuhe. Es sind die Überbleibsel einer dramatischen Nacht.

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Erst am frühen Vormittag finden sich zunehmend Anwohner und Schaulustige rund um den geschlossenen Weihnachtsmarkt ein. Nur wenige wollen über die vergangene Nacht sprechen, einigen steht der Schock ins Gesicht geschrieben.

Jens Niemeyer, der im benachbarten Hohenwarsleben wohnt, ist für einen Termin nahe dem Tatort in die Stadt gekommen. Der 57-Jährige ist sichtlich mitgenommen, ringt im Gespräch mit t-online mit den Worten und seinen Tränen. „Ich bin traurig, fassungslos und wütend“, sagt er. Er habe von der Tat erfahren, während er das Spiel des 1. FC Magdeburg am Freitagabend in Düsseldorf schaute. Die Nachricht vom Anschlag sei auf den Telefonen seiner Frau und seiner Tochter aufgeploppt. „Es hat uns weinen lassen“, sagt Niemeyer.

Der Lehrer berichtet, dass seine heute 27-jährige Tochter vor zehn Jahren einen schweren Verkehrsunfall gehabt und danach einige Zeit im Koma gelegen habe. „Wie wir uns als Eltern damals fühlten, fühlen sich heute viele Menschen“, sagt er mit Blick auf die Angehörigen der Toten und Verletzten des Anschlags.

Jens Niemeyer: „Ich bin traurig, fassungslos und wütend.“ (Quelle: Simon Cleven)

Der Alte Markt mit dem Rathaus sei ein „Ort der Freude und der Identität der Stadt“, sagt Niemeyer. „Hier feiern unsere Fußballer und Handballer ihre Erfolge.“ Tausende Menschen seien dann auf dem Platz. „Ich habe das Gefühl, dass dieser Ort jetzt entweiht und befleckt ist.“ Wie es weitergehen soll? Darauf hat Niemeyer keine Antwort.

Er könne sich nicht vorstellen, wie es in den kommenden Wochen und Jahren sein wird, auf den Alten Markt zurückzukehren. Nur: „Es wird nie wieder sein wie vorher.“

Sandra, Jason und Nick, die ihre Nachnamen nicht veröffentlicht sehen wollen, sind erst in der Früh aus Düsseldorf zurückgekehrt, wo sie das Zweitliga-Spiel ihres 1. FCM im Stadion live miterlebten. Die Stimmung sei jedoch wegen der Horrornachrichten aus ihrer Heimatstadt, die sich schnell im Gästeblock verbreiteten, früh getrübt worden.

„Viele haben traurige Nachrichten bekommen“, sagt die 51-jährige Sandra mit Blick auf Angehörige von Opfern des Anschlags. Die Fans hätten die Unterstützung ihres Vereins dann eingestellt, die Banner abgehängt. Viele hätten dann schon zu Beginn der zweiten Halbzeit das Stadion verlassen.

Der 19-jährige Jason sagt, er fühle sich am Morgen danach „mulmig“. Er berichtet von einer „Leere im Kopf“. Erst in dieser Woche sei die Familie gemeinsam auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt gewesen. Der Schock sitzt angesichts des verheerenden Anschlags noch tief.

Am Samstagmorgen ist Magdeburg wie gelähmt. (Quelle: Simon Cleven)

Ab etwa 10 Uhr füllt sich der Platz zwischen Galeria-Kaufhaus und dem Alten Markt zunehmend. Durch diesen Zugang zum Weihnachtsmarkt hatte der mutmaßliche Täter das angemietete Auto gesteuert, bevor er in die Menschenmenge raste. Normalerweise verkehren hier Straßenbahnen, an diesem Samstag stehen hier aber nur Polizeikräfte und Schaulustige.

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