Vom Talent zum „Klassensprecher“
Ex-Werder-Juwel blüht bei Nord-Konkurrent auf
13.12.2024 – 19:39 UhrLesedauer: 3 Min.
Für Johannes Eggestein kommt es beim Duell zwischen St. Pauli und Werder Bremen zum besonderen Wiedersehen. Seit seinem Abschied von der Weser hat sich bei ihm einiges getan.
Am Samstagabend (18.30 Uhr) trifft der FC St. Pauli im Millerntor-Stadion auf Werder Bremen. Für Johannes Eggestein wird dieses Spiel zu einer ganz besonderen Begegnung. Der 26-Jährige steht dann seinem ehemaligen Verein gegenüber, bei dem er die ersten Schritte in den Profifußball wagte.
„Ich bin da auch ein Stück weit groß geworden“, sagt Eggestein. „Mit 15 bin ich da rüber ins Internat und dementsprechend auch eine lange Zeit dort gewesen. Deshalb habe ich natürlich schon auch eine emotionale Bindung zu dem Verein und der Stadt.“
Zum ersten Mal tritt Eggestein am Samstagabend in einem Pflichtspiel gegen seinen Ausbildungsverein an. Bei Werder Bremen galt er einst als großes Talent: In seiner letzten A-Jugend-Saison 2015/16 erzielte er 33 Tore und sammelte später auch in der ersten Mannschaft Spielminuten.
Eggestein blickt zufrieden auf seine Zeit bei Werder zurück: „Schließlich habe ich 46 Bundesliga-Spiele für Werder absolviert, und durchaus Tore und Vorlagen geliefert“, betont er.
Dennoch konnte sich Eggestein nicht dauerhaft als Stammspieler etablieren. „Da hat es sicherlich auch nicht nur mich erwischt“, erklärt er. Die Konkurrenz im Angriff sei hoch gewesen. Als er 2021 nach einer Leihe aus Österreich zurückkehrte, war Werder zwischenzeitlich in die 2. Liga abgestiegen. „Das waren schwierige Zeiten für einen jungen Spieler, da wirklich Fuß zu fassen.“
Ein wichtiger Unterstützer während seiner Anfangszeit in Bremen war sein Bruder Maximilian, der zwei Jahre älter ist und bereits länger bei Werder spielte, als Johannes zur Jugendmannschaft stieß. Heute ist Maximilian beim SC Freiburg eine feste Größe.
„Ich bin schon auch gut alleine zurechtgekommen“, sagt Eggestein rückblickend. „Wenn man dann einen Bruder dabei hat, der dich schon mal ein bisschen mit an die Hand nehmen und Erfahrungen weitergeben kann, ist das sicherlich sehr hilfreich.“
2021 verabschiedete sich Eggestein endgültig aus Bremen und landete über den Umweg Belgien ein Jahr später beim FC St. Pauli. Es wirkt, als ob er sein fußballerisches Glück gefunden hat.
Eggestein hat sich entwickelt, fußballerisch und als Persönlichkeit. Er sei mehr oder weniger „der Sturmführer“, der auf dem Platz den Takt vorgibt, lobt Trainer Alexander Blessin. „Er hat da ein ganz feines Näschen und ist deswegen extrem wichtig.“ Sie müssten ihn nur noch öfter in eine Position bringen, wo er seine „wahnsinnige Abschlussstärke“ ausüben könne, sagt Blessin.
Auch abseits des Platzes geht Eggestein voran. Nach Spielen ist er es, der sich den Medien stellt und die Partien analysiert. „Er ist ein sehr umgänglicher Typ. Sehr reflektierend und klar im Kopf“, beschreibt ihn Blessin.
Abseits von Spielen und Training widmet sich Eggestein einem Psychologie-Studium. Sein Werdegang mit „Hindernissen und Herausforderungen, wo man natürlich zwangsläufig auch ein bisschen ins Nachdenken kommt“, wären nicht weit entfernt vom Fach Psychologie, sagte er 2023 im NDR-„Sportclub“.
Eggesteins andere Seiten: Psychologie-Studium und Kaffee
Damit überzeugt Eggestein auch seinen Trainer. „Da hat der Jojo einen ganz guten Moment gefunden“, sagt Blessin, der in seiner Spieler-Karriere ein Sportstudium absolvierte. „Er macht es ganz geschickt, sodass es ihn nicht zu sehr belastet, aber ihn eher so ein bisschen pusht. Und so frühzeitig ein zweites Standbein aufzubauen, macht schon Sinn.“
In der Kabine widmet sich Eggestein einer weiteren Leidenschaft: Kaffee. Vor einem knappen Jahr haben er und seine Mitspieler eine Espressomaschine angeschafft, um die sich die Mannschaft auf dem Trainingsgelände gerne versammelt und über Fußball spricht. „Wie sieht man vielleicht die taktische Herangehensweise, oder das eigene Spiel? Das hilft dann natürlich schon beim Zusammenhalt, keine Frage“, sagt Eggestein.
Als „der Barista schlechthin in Hamburg“, wie Teamkollege Hauke Wahl ihn beschreibt, will sich Eggestein nicht bezeichnen. „Ich habe schon ein-, zweimal auch um eine Barista-Schulung gemacht, weil es mich einfach interessiert“, sagt Eggestein. „Aber so gut bin ich leider noch nicht darin, dass ich von mir behaupten könnte, der Beste zu sein.“