Dünnschnabel-Brachvogel fliegt nie wieder

„Unwiederbringlich verloren“: Europäische Vogelart ausgestorben


18.01.2025 – 10:43 UhrLesedauer: 2 Min.

Dünnschnabel-Brachvogel (Numenius tenuirostris): Das Foto zeigt eines der letzten jemals fotografierten Exemplare der Art. (Quelle: Agami /Hans Gebuis/imago-images-bilder)

Seit Beginn der Neuzeit ist zuvor noch keine Vogelart auf dem europäischen Festland ausgestorben. Jetzt ist ein Zugvogel wohl unwiederbringlich fort.

Der Dünnschnabel-Brachvogel ist nach Angaben des Naturschutzbundes (Nabu) ausgestorben. Das sei das erste Mal seit Beginn der Neuzeit, dass eine Vogelart des europäischen Festlandes ausstirbt, teilte der Nabu mit. Die Neuzeit begann Ende des 15. Jahrhunderts.

Die Naturschützer bezeichneten das Verschwinden des Zugvogels als „traurigen Meilenstein in der Geschichte des Artensterbens“. Die Art sei nun „unwiederbringlich verloren“.

Bereits zuvor galt der Watvogel aufgrund seiner Seltenheit als bedroht. Ursprünglich war er in Russland und Kasachstan beheimatet, dort befanden sich seine Brutgebiete. Im Winter flog er nach Westen, durchquerte dabei Mitteleuropa und überwinterte im Mittelmeerraum. Im 19. Jahrhundert wurde der Vogel noch regelmäßig in Europa beobachtet.

Die letzten Exemplare wurden in den 1990er-Jahren beobachtet. Das letzte Foto eines Dünnschnabel-Brachvogels stammt aus dem Jahr 1995, aufgenommen wurde es in West-Marokko. Danach gelang trotz intensiver Suche nie wieder eine bestätigte Sichtung, sodass jetzt laut einer Forschergruppe zu beinahe 100 Prozent feststeht, dass es auf der ganzen Welt keinen Dünnschnabel-Brachvogel mehr gibt. Die Forschergruppe hatte ihre Ergebnisse bereits Ende 2024 in der Fachzeitschrift „Ibis“ veröffentlicht.

Der Dünnschnabel-Brachvogel hatte laut Nabu eine elegante Silhouette und einen charakteristischen Ruf. Eine stärkere Landwirtschaft, Entwässerungsprojekte und der Städtebau hätten dem Dünnschnabel-Brachvogel den Lebensraum immer weiter genommen. Auch die Rast- und Wintergebiete seien gestört worden, etwa durch die Jagd.

„Die Zerstörung intakter Ökosysteme entlang der Zugrouten dieser Art unterstreicht die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit im Naturschutz“, teilte der Nabu mit. Der niedersächsische Nabu-Landesvorsitzende Holger Buschmann sagte, der Verlust der Art zeige auch, „dass das Aussterben nicht nur in den Tropen stattfindet, sondern weiterhin auch vor unserer Haustür“. Das mache Ökosysteme weniger stabil und habe damit letztlich auch Auswirkungen auf den Menschen. Es brauche daher mehr Artenschutz.

Auch in Deutschland vorkommende Watvogelarten wie der Alpenstrandläufer, der Kiebitzregenpfeifer und der Steinwälzer seien immer stärker bedroht, mahnte der Nabu. Erst kürzlich seien diese Arten zusammen mit 13 weiteren ziehenden Küstenvogelarten in der Roten Liste der Weltnaturschutzorganisation IUCN in ihrer Gefährdungskategorie hochgestuft worden. Damit diese zunehmend gefährdeten Küstenvogelarten nicht ebenso wie der Dünnschnabel-Brachvogel aussterben, brauche es eine rasche Renaturierung verbleibender Lebensräume.

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