Razzia in sieben Bundesländern

Dobrindt verbietet „Königreich Deutschland“

Aktualisiert am 13.05.2025 – 18:26 UhrLesedauer: 4 Min.

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Die Vereinigung stellte auch eigene Fantasiedokumente aus. (Archivfoto) (Quelle: Hendrik Schmidt/dpa/dpa-bilder)

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Auch wenn ihre Ideen oft wirr klingen, viele „Reichsbürger“ sind aus Sicht der Sicherheitsbehörden keineswegs harmlos. Vier Männer wurden jetzt festgenommen, ihr Verein verboten.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat die aktuell größte bekannte Gruppierung sogenannter Reichsbürger und Selbstverwalter verboten. Vier mutmaßliche Köpfe des Vereins „Königreich Deutschland“ wurden festgenommen. Unter ihnen ist Peter Fitzek, ein gelernter Koch, der die Vereinigung nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden 2012 in Wittenberg gegründet hatte. Die Gruppierung hat nach eigenen Angaben bundesweit etwa 6.000 Anhänger. Die Sicherheitsbehörden gehen allerdings von lediglich rund 1.000 Anhängern aus.

Nach Angaben des Innenministeriums durchsuchten mehr als 800 Einsatzkräfte der Polizei in mehreren Bundesländern ab den frühen Morgenstunden von dem Verein genutzte Gebäude sowie Wohnungen führender Mitglieder. Betroffen von Durchsuchungen und Festnahmen waren Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg. Auch Beamte der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht waren beteiligt.

Die Razzien erstreckten sich laut Innenministerium auf insgesamt 15 Objekte. Sichergestellt wurden den Angaben zufolge „weitere Beweismittel für die verfassungsfeindlichen Ziele und Aktivitäten des Vereins“. Unter anderem wurden drei Vereinsimmobilien, zahlreiche Fantasiedokumente, Vereinsunterlagen, Bargeld, Landmaschinen und Fahrzeuge beschlagnahmt.

Verbot Reichsbürger-Gruppe - Statement Dobrindt
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) ordnete das Vereinsverbot an. (Quelle: Michael Kappeler/dpa/dpa-bilder)

Zwei der vier Festnahmen erfolgten laut einer Sprecherin der Bundesanwaltschaft im Landkreis Mittelsachsen, je eine weitere in den Landkreisen Oder-Spree in Brandenburg und Bad Dürkheim in Rheinland-Pfalz. Zudem habe es bei einem Verdächtigen im Kanton Solothurn in der Schweiz Durchsuchungen gegeben. Auch er soll deutscher Staatsbürger sein.

Der Verein habe von seinen Anhängern „ganz erhebliche Vermögenswerte“ erlangt, heißt es im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2023. (Archivfoto) (Quelle: Hendrik Schmidt/dpa/dpa-bilder)

Bis zum Abend wurden zwei der vier Männer in Untersuchungshaft genommen. Der Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof setzte die Haftbefehle gegen sie in Vollzug. Fitzek soll ebenfalls noch im Laufe des Abends vorgeführt werden, der vierte Beschuldigte erst am Mittwoch. Die vier Deutschen seien 37, 38, 46 und 59 Jahre alt, teilte die Sprecherin der Bundesanwaltschaft mit.

Die Vereinigung stellte auch eigene Fantasiedokumente aus. (Archivfoto) (Quelle: Hendrik Schmidt/dpa/dpa-bilder)

Die Ermittlungen laufen den Angaben zufolge wegen einer kriminellen Vereinigung. Die Bundesanwaltschaft ist in solchen Fällen nicht automatisch zuständig. Mit Blick auf die mutmaßlichen Rädelsführer habe die oberste Anklagebehörde in Deutschland die Ermittlungen aber wegen der besonderen Bedeutung an sich gezogen, erklärte die Sprecherin.

Fitzek werden demzufolge auch unerlaubte Einlagen- und Versicherungsgeschäfte vorgeworfen. Ein anderer der Beschuldigten soll ihm bei den Einlagengeschäften geholfen haben. Dobrindt sagte: „Es wurden Liegenschaften erworben, Teilorganisationen gegründet, wie eine sogenannte Königliche Reichsbank oder eine sogenannte Deutsche Heilfürsorge, mittels derer Geldmittel beschafft wurden.“

Durchsucht wurde unter anderem in Gera. (Quelle: Bodo Schackow/dpa/dpa-bilder)

„Das Ziel dieser Vereinigung ist es, einen sogenannten Gegenstaat zu gründen und sich von der Bundesrepublik Deutschland abzuspalten“, sagte Dobrindt. Ihren vermeintlichen Herrschaftsanspruch untermauerten die Mitglieder der Vereinigung durch antisemitische Verschwörungserzählungen. Dieses Verhalten könne ein Rechtsstaat nicht dulden. Es handele sich bei den Mitgliedern der Vereinigung keineswegs um „harmlose Nostalgiker“, sondern um kriminelle Strukturen, betonte der Minister.

Das sächsische Innenministerium verwies auf Verstöße der Vereinigung unter anderem gegen Baurecht und Gewerberecht, die von den zuständigen Behörden geahndet worden seien.

„Reichsbürger“ erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat an. Viele von ihnen behaupten, das historische Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Sogenannte Reichsbürger lehnen demokratische und rechtsstaatliche Strukturen wie Parlament, Gesetze oder Gerichte ab. Steuern, Sozialabgaben oder Bußgelder wollen sie nicht zahlen. Die Szene besteht aus vielen, meist kleineren Gruppierungen. Manche „Reichsbürger“ sehen sich als Staatsoberhäupter ihres eigenen kleinen Reiches. Der Verfassungsschutz geht von rund 30 länderübergreifend aktiven Gruppierungen aus.

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